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21. November 2024
Schleswig-Holstein

Menschenwürde kennt keine Haushaltsnot: Andreas Breitner erwartet Anhebung der Grundleistungen für Asylbewerber

(LNP) Asylbewerber und geduldete Ausländer, die so genannte Grundleistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz erhalten, können nach Ansicht von Innenminister Andreas Breitner auf mittlere Sicht mit einer Anhebung der Leistungen für ihren Lebensunterhalt rechnen. Breitner erwartet, dass das Bundesverfassungsgericht die dazu einschlägige Bestimmung des Asylbewerberleistungsgesetzes des Bundes für verfassungswidrig erklärt.

Nach der öffentlichen Verhandlung des Bundesverfassungsgerichts am 20. Juni gibt es für den schleswig-holsteinischen Innenminister „“so gut wie keinen Zweifel““, dass der Paragraph 3 des Asylbewerberleistungsgesetzes verfassungswidrig ist, weil er das Grundrecht auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums verletzt und nicht hinreichend erklärt und dokumentiert wird, wie die Leistungen für Asylbewerber berechnet sind. Das Bundesverfassungsgericht will an diesem Mittwoch seine Entscheidung treffen.

Breitner appellierte am Montag (16. Juli) in Kiel an den Bund und die Länder, das Karlsruher Urteil zum Anlass einer grundlegenden Reform der staatlichen Unterstützung für Flüchtlinge zu machen. „“Eine Gesetzesänderung muss in Wort und Tat zum Ausdruck bringen, dass Menschen bei uns willkommen sind, die aus Not ihre Heimat verlassen müssen““, sagte der Minister. Schleswig-Holstein sei aus humanitären und rechtsstaatlichen Gründen bereit, dafür mehr Geld als bisher auszugeben. „“Menschenwürde kennt keine Haushaltsnot““, sagte Breitner.

Das Asylbewerberleistungsgesetz des Bundes von 1993 sieht vor, dass Asylbewerber und Ausländer ohne festen Aufenthaltsstatus während ihrer ersten vier Jahre in Deutschland so genannte Grundleistungen für Lebensmittel, Kleidung, Gesundheits- und Körperpflege sowie Gebrauchs- und Verbrauchsgüter des Haushalts erhalten. Zusätzlich bekommen sie ein monatliches Taschengeld zur Deckung persönlicher Bedürfnisse.

Ein erwachsener Flüchtling bekommt danach insgesamt rund 225 Euro im Monat, während einem Hartz-IV-Empfänger ein Regelsatz von 374 Euro monatlich zusteht. Die Grundleistungen für Asylbewerber wurden seit nunmehr fast 20 Jahren nicht mehr angepasst, obwohl die Bundesregierung verpflichtet ist, die Höhe der Grundleistungen neu festzusetzen, wenn es die tatsächlichen Lebenshaltungskosten erfordern.

Sollte das Bundesverfassungsgericht entscheiden, dass die Grundleistungen an den Hartz IV-Regelsatz angepasst werden müssen, würde dies Land und Kommunen in Schleswig-Holstein nach einer ersten überschlägigen Berechnung zusätzlich vier bis fünf Millionen Euro jährlich kosten. 2011 hat das Land für 2.700 Empfänger von Grundleistungen rund 10,8 Millionen Euro ausgegeben. Das entspricht einem Anteil von 70 Prozent an den Gesamtkosten für Grundleistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz, 30 Prozent übernehmen die Kommunen.

Paragraph 3 Asylbewerberleistungsgesetz:

(1) Der notwendige Bedarf an Ernährung, Unterkunft, Heizung, Kleidung, Gesundheits- und Körperpflege und Gebrauchs- und Verbrauchsgütern des Haushalts wird durch Sachleistungen gedeckt. Kann Kleidung nicht geleistet werden, so kann sie in Form von Wertgutscheinen oder anderen vergleichbaren unbaren Abrechnungen gewährt werden. Gebrauchsgüter des Haushalts können leihweise zur Verfügung gestellt werden. Zusätzlich erhalten Leistungsberechtigte bis zur Vollendung des 14. Lebensjahres 40 Deutsche Mark, von Beginn des 15. Lebensjahres an 80 Deutsche Mark monatlich als Geldbetrag zur Deckung persönlicher Bedürfnisse des täglichen Lebens. Der Geldbetrag für in Abschiebungs- oder Untersuchungshaft genommene Leistungsberechtigte beträgt 70 vom Hundert des Geldbetrages nach Satz 4.

(2) Bei einer Unterbringung außerhalb von Aufnahmeeinrichtungen im Sinne des § 44 des Asylverfahrensgesetzes können, soweit es nach den Umständen erforderlich ist, anstelle von vorrangig zu gewährenden Sachleistungen nach Absatz 1 Satz 1 Leistungen in Form von Wertgutscheinen, von anderen vergleichbaren unbaren Abrechnungen oder von Geldleistungen im gleichen Wert gewährt werden. Der Wert beträgt für den Haushaltsvorstand 360 Deutsche Mark, für Haushaltsangehörige bis zur Vollendung des 7. Lebensjahres 220 Deutsche Mark, für Haushaltsangehörige von Beginn des 8. Lebensjahres an 310 Deutsche Mark monatlich zuzüglich der notwendigen Kosten für Unterkunft, Heizung und Hausrat. Absatz 1 Satz 3 und 4 findet Anwendung.

(3) Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales setzt im Einvernehmen mit dem Bundesministerium des Innern und dem Bundesministerium der Finanzen durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates die Beträge nach Absatz 1 Satz 4 und Absatz 2 Satz 2 jeweils zum 1. Januar eines Jahres neu fest, wenn und soweit dies unter Berücksichtigung der tatsächlichen Lebenshaltungskosten zur Deckung des in Absatz 1 genannten Bedarfs erforderlich ist. Für die Jahre 1994 bis 1996 darf die Erhöhung der Beträge nicht den Vom-Hundert-Satz übersteigen, um den in diesem Zeitraum die Regelsätze gemäß § 22 Abs. 4 des Bundessozialhilfegesetzes erhöht werden.

(4) Leistungen in Geld oder Geldeswert sollen dem Leistungsberechtigten oder einem volljährigen berechtigten Mitglied des Haushalts persönlich ausgehändigt werden.

Quelle: schleswig-holstein.de/IM
BIld-Quelle: schleswig-holstein.de/IM / Andreas Breitner

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