Startseite BundesländerHamburg 8. Verbraucherschutzministerkonferenz / Ministertreffen unter Hamburger Vorsitz mit zahlreichen Beschlüssen zum gesundheitlichen und wirtschaftlichen Verbraucherschutz

8. Verbraucherschutzministerkonferenz / Ministertreffen unter Hamburger Vorsitz mit zahlreichen Beschlüssen zum gesundheitlichen und wirtschaftlichen Verbraucherschutz

von Frank Baranowski
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(LNP) Vom 12. bis 14. September 2012 fand in Hamburg die 8. Verbraucherschutzministerkonferenz (VSMK) statt. Die Ministerinnen und Minister, Senatorinnen und Senatoren für Verbraucherschutz der Länder und Bundesministerin Ilse Aigner haben dabei unter dem Vorsitz von Hamburgs Verbraucherschutzsenatorin Cornelia Prüfer-Storcks über Themen des gesundheitlichen und wirtschaftlichen Verbraucherschutzes beraten. Die Beschlüsse reichen von grundlegenden Verbesserungen in der Organisation der Lebensmittelüberwachung mit Regelungen für die Hygieneampel über die Stärkung der Verbraucherrechte bei Geldanlagen bis zur Reduzierung des Antibiotika-Einsatzes in der Nutztierhaltung. Weiteres Thema der Beratungen war auch eine Vereinbarung über die Zusammenarbeit zwischen Bund und Ländern in Krisenfällen. Damit werden auch Konsequenzen aus der EHEC-Epidemie und dem Dioxin-Skandal 2011 gezogen.

„Wir haben im gesundheitlichen und wirtschaftlichen Verbraucherschutz deutliche Schritte nach vorne gemacht, die sich ganz direkt für Verbraucherinnen und Verbraucher auswirken werden“, so Senatorin Prüfer-Storcks. „In einigen Punkten hätten sich viele Länder mehr gewünscht, beispielsweise klare Signale hinsichtlich der gesetzlichen Begrenzung für Dispozinsen und zur Finanzierung der Verbraucherarbeit. Bei der Hygieneampel erwarte ich, dass der Bund entsprechend dem Wunsch der Länder die gesetzliche Regelung für ein bundeseinheitliches System einer Transparentmachung der Kontrollergebnisse der Lebensmittelüberwachung schafft.“

„Uns eint das gemeinsame Ziel, den gesundheitlichen Verbraucherschutz möglichst effektiv zu organisieren. Auf der Verbraucherschutzministerkonferenz haben sich Bund und Länder auf konkrete Maßnahmen verständigt, um das System der Lebensmittelüberwachung in Deutschland weiter zu verbessern. Ziel ist es, bei Lebensmittelkrisen künftig noch schneller handeln und die Aufklärung der Fälle deutlich beschleunigen zu können. Damit werden auch zahlreiche Anregungen des Bundesrechnungshofes aufgegriffen und vorgeschlagene Neuerungen auf den Weg gebracht“, sagte Bundesverbraucher-ministerin Ilse Aigner nach Abschluss der Konferenz. „Wenn es um die Sicherheit und den Schutz der Verbraucherinnen und Verbraucher geht, dürfen wir niemals stehenbleiben, sondern müssen die Standards und Instrumente immer wieder auf den Prüfstand stellen und wo nötig verbessern, um mögliche Risiken so weit wie möglich minimieren zu können. Hier ziehen die Bundesregierung und die für die Lebensmittelüberwachung zuständigen Länder an einem Strang.“

Noch keinen Durchbruch, aber ebenfalls Bewegung sieht Hessens Umweltministerin Lucia Puttrich bei der Diskussion um eine Hygieneampel. „Nur ein einheitliches System, das alle Länder nutzen, die ein Kontrollsystem einführen, hilft dem Verbraucher“, so Puttrich. Der Bund habe zugesagt, zu prüfen, wie man ein einheitliches Zeichen für die Bekanntgabe der Ergebnisse für alle Länder verbindlich regeln kann. „Ich erwarte, dass diese Prüfung lösungsorientiert erfolgt“, so Puttrich in Hamburg. Damit die Verbraucher profitieren und die Lebensmittelunternehmer die Chance dieses Systems nutzen können, sei ein bundeseinheitliches Symbol unumgänglich.

Auch die Energiewende war auf der Verbraucherschutzministerkonferenz ein Thema. „Wir haben uns umfassend mit der Thematik der Energiearmut befasst. Es ist für immer mehr Menschen ein Problem ihre Strom- und Wärmerechnungen zu bezahlen“, so Jochen Hartloff, Minister für Justiz und Verbraucherschutz (Rheinland-Pfalz). „Es kann nicht sein, dass Schwangere, chronische kranke Menschen und Familien mit Kindern keine Möglichkeit haben, sich eine warme Mahlzeit zuzubereiten. Wir setzen bei einem frühzeitigen und schnellen Austausch zwischen den Energieunternehmen und den Sozialbehörden an, damit Stromsperren in sozialen Härtefällen vermieden werden können. Hierfür wollen wir Initiativen ergreifen.“

Auf der Tagesordnung der VSMK standen insgesamt 45 Tagesordnungspunkte. Einige der wesentlichen Beschlüsse in der Übersicht:

Bundeseinheitliches Modell zur Transparentmachung der Kontrollergebnisse von Lebensmitteln

Auf der VSMK einigten sich die Länder darauf, dass der Bund zeitnah die entsprechenden Rechtsgrundlagen im Lebensmittel-, Bedarfsgegenstände- und Futtermittelgesetzbuch (LFGB) für die Einführung einer „Hygieneampel“ schafft. Inwiefern der Bund auf Grundlage eines Gesetzes Vorgaben für die einheitliche Gestaltung der Aushänge, z.B. in Form eines Kontrollbarometers mit Farbskala von grün bis rot, machen kann, wird seitens des BMELV geprüft. Einig waren sich Bund und Länder darüber, dass der Aushang der Kontrollergebnisse für die Unternehmen freiwillig sein soll, aber das Gesetz eine Ermächtigungsgrundlage enthalten soll, mit denen die Länder das System verpflichtend machen können. Nach drei Jahren soll dann eine Evaluierung und ggf. Optimierung des Systems stattfinden. Anschließend wird darüber entschieden, ob das Transparenzsystem bundesrechtlich verpflichtend wird.

Neue Bund-Länder-Vereinbarung zum Krisenmanagement

In der EHEC-Krise haben sie sich bewährt, nun sollen sie zum Standard werden: Im Falle einer Ländergrenzen überschreitenden Krise im Bereich Lebensmittelsicherheit soll künftig ein Krisenrat der Staatssekretäre von Bund und Ländern das Krisenmanagement und die Krisenkommunikation koordinieren. Außerdem kann eine Task Force „Lebensmittel- und Futtermittelsicherheit“ eingesetzt werden, deren zentrale Aufgabe die Aufklärung der Ursachen der jeweiligen Krisensituation ist. Eine solche Task Force war während der EHEC-Epidemie 2011 erstmals ins Leben gerufen worden. In dieser „Sonderkommission“ arbeiteten Spezialisten von Bundes- und Landesbehörden erfolgreich zusammen, um die komplexen Lieferströme anhand von Einzeldaten zurückzuverfolgen und schließlich die Ursache für die Infektionskette aufzuklären. Die Task Force wird mit der Bund-Länder-Vereinbarung fester Bestandteil des Krisenmanagements und wird im Krisenfall im Krisen- und Lagezentrum des Bundesamtes für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) in Berlin arbeiten.

Minimierung des Antibiotikaeinsatzes in der Nutztierhaltung

Zum Schutz der Gesundheit von Mensch und Tier soll der Einsatz von Antibiotika in der Nutztierhaltung bis 2015 deutlich reduziert werden. Deshalb bittet die VSMK das BMELV, den Entwurf des 16. Gesetzes zur Änderung des Arzneimittelgesetzes entsprechend zu überarbeiten und insbesondere eine zentrale bundeseinheitliche Datenbank einzuführen. Dadurch wird zum einen das Verfahren von der Meldung bis zur Verarbeitung beschleunigt. Zum anderen erhalten die Überwachungsbehörden durch diese Datenbank jederzeit Zugriff auf relevante Daten und können auf Fehlentwicklungen umgehend reagieren.

Begrenzung von Überziehungszinsen

Verbraucherinnen und Verbraucher profitieren nicht von dem historisch niedrigen Zinssatz, zu dem Banken zurzeit selbst Geld aufnehmen können, müssen vielfach unverhältnismäßig hohe Dispozinsen zahlen. Das bestätigt eine Studie des Instituts für Finanzdienstleistungen im Auftrag BMELV. Die VSMK spricht sich daher für eine wirksame Begrenzung der Zinsen für Dispo- bzw. Überziehungszinsen aus. Die A-Länder fordern sogar eine gesetzliche Regelung, diese Forderung wurde aber nicht von den B-Ländern mitgetragen.

Stärkung der Verbraucherrechte bei Finanzprodukten

Wesentliches Thema der VSMK war insgesamt eine größere Transparenz bei Finanzprodukten. Mangelhafte Verbraucherinformationen vor dem Vertragsabschluss sind beispielsweise eine der Hauptursachen für vorzeitige Beendigung von kapitalbildenden Lebensversicherungen und daraus resultierenden finanziellen Verlusten. Die VSMK fordert u.a. deshalb, dass bei Lebensversicherungen die Produktinformationsblätter standardisiert und die Rückkaufswerte in Relation zu den jeweils eingezahlten Beträgen in Euro ausgewiesen werden. Auch die Produkte der sogenannten „Riester-Rente“ sollen besser vergleichbar sein. Die Kunden sollen stärker an Überschüssen beteiligt und ein Wechsel der Verträge erleichtert werden.

Zudem machen sich die Verbraucherschutzminister dafür stark, das Berufsbild des „Finanzberaters“ zu schaffen, der auf Honorar- und nicht wie bisher vorwiegend oder ganz auf Provisionsbasis arbeitet. Dadurch soll erreicht werden, dass unabhängige Finanzberater kein finanzielles Interesse an dem Verkauf bestimmter Produkte haben, sondern den Kunden neutral beraten.

Die VSMK unterstützt das Vorhaben der Bundesregierung, bestimmte geschlossene Fonds künftig nicht mehr für Privatkunden zuzulassen. Darüber hinaus soll jedoch auch eine Bestimmung aufgenommen werden, die es untersagt, dass Privatkunden kreditfinanzierte Beteiligungen an geschlossenen Investmentvermögen angeboten werden. Auch die Kontrollrechte von Anlegern sollen über die bestehenden Einsichtsrechte eines Kommanditisten hinaus ausgeweitet werden.

Tarifwechsel bei der privaten Krankenversicherung

Versicherte in privaten Krankenversicherungen sollen die Möglichkeit erhalten, jederzeit in einen anderen Tarif ihrer Versicherung wechseln können, ohne dabei ihre Altersrückstellungen zu verlieren oder sich einer erneuten Gesundheitsprüfung unterziehen zu müssen. Ein solcher Wechsel kann beispielsweise aufgrund massiver Beitragserhöhungen notwendig werden. Deshalb halten die Ministerinnen und Minister der VSMK eine versichertenfreundliche Ausgestaltung des § 204 Versicherungsvertragsgesetz (VVG) für erforderlich.

Einführung linearer Stromtarife

Die VSMK ist zudem der Überzeugung, dass durch die verbindliche Einführung linearer Stromtarife für private Haushalte ein stärkerer Anreiz zum Energiesparen geboten sowie der Wettbewerb auf dem Strommarkt durch Transparenz und einfache Tarife intensiviert wird. Entsprechend wird die Bundesregierung aufgefordert einen Gesetzentwurf vorzulegen, der für private Haushalte verbindlich lineare Stromtarife und eine zeitnahe monatliche Abrechnung des Verbrauchs vorsieht.

Wirksame Bekämpfung unerlaubter Telefonwerbung

Die VSMK mahnt außerdem gesetzliche Regelungen zum Schutz vor unerlaubter Telefonwerbung an. Der Gesetzentwurf des Bundesrates, nach dem am Telefon mündlich geschlossene Verträge erst dann wirksam werden, wenn sie schriftlich bestätigt werden, liegt bereits seit Mai 2011 zur Beratung beim Bundestag.

Gegen Betrug auf Kaffeefahrten

Die VSMK sieht Handlungsbedarf hinsichtlich der rechtlichen Möglichkeiten zum Eingriff bei so genannten Kaffeefahrten zu Verkaufszwecken. Deshalb sollten u.a. der Verkauf von Nahrungsergänzungsmitteln und Medizinprodukten in die Liste der im Reisegewerbe verbotenen Tätigkeiten aufgenommen werden (§56 der Gewerbeordnung) sowie die Bußgeldobergrenzen bei Verstößen deutlich angehoben werden.

Rückfragen der Medien:
Pressestelle der Behörde für Gesundheit und Verbraucherschutz
Rico Schmidt, Tel.: 42837 – 2332,
E-Mail: pressestelle@bgv.hamburg.de
Internet: www.hamburg.de/bgv

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