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19. Oktober 2024
Saarland

Entwicklung der saarländischen Wirtschaft im Jahr 2012 / Ein vorläufiger Jahresrückblick

(LNP) Wirtschaftswachstum deutlich verringert. Der konjunkturelle Aufschwung hat sich im laufenden Jahr spürbar abgeschwächt. Nachdem das Saarland die drastischen Auswirkungen der weltweiten Krise von 2008/2009 zuletzt mit einem überdurchschnittlichen Wachstum gemeistert hatte, macht sich die schwächere Weltwirtschaft immer stärker bemerkbar. Das ergibt sich aus den aktuellen Konjunkturstatistiken, die für viele Wirtschaftszweige bereits die Entwicklung bis zum Oktober oder November 2012 aufzeigen.

Die Steigerung des Bruttoinlandsprodukts (BIP) als Maßstab der gesamtwirtschaftlichen Leistung, das im Jahr 2011 nominal noch um 4,8 Prozent auf 30,5 Mrd. Euro zulegen konnte und damit das höchste Wirtschaftswachstum im Vergleich der Bundesländer aufwies (preisbereinigt plus 4,1 %), wurde bereits im Frühjahr 2012 von einem heftigen Nachfragerückgang gebremst. Im ersten Halbjahr 2012 (neuere BIP-Ergebnisse liegen zurzeit noch nicht vor) blieb das Wachstum nominal mit plus 1,6 Prozent und preisbereinigt mit plus 0,5 Prozent deutlich unter der bundesdurchschnittlichen Entwicklung. In ganz Deutschland wuchs die Wirtschaft im ersten Halbjahr nominal um 2,3 Prozent, real um 1,1 Prozent.

Schlüsselbranche Industrie
Nach der globalen Finanz- und Konjunkturkrise 2009 konnte sich die saarländische Wirtschaft rasch wieder erholen. In den Jahren 2010 und 2011 erzielte sie ein überdurchschnittliches Wachstum, mit dem sie in beiden Jahren in der Spitzengruppe aller Bundesländer lag. Auf diesem hohen Niveau geriet die Saarwirtschaft nun aber auch in den Sog der schwachen Weltwirtschaft, denn es sind vor allem einige wichtige Exportmärkte, auf denen die Nachfragesteigerung zum Teil deutlich nachgelassen hat. Im Falle der Stahlindustrie („Metallerzeugung und -bearbeitung“) ist die Entwicklung bis zum Oktober 2012 bei der Auftragslage (- 13,5 %) und beim Umsatz (- 8,5 %) bereits stark rückläufig. Der Maschinenbau erlebt zurzeit ebenfalls einen Auftragsrückgang (bis Oktober – 6,1 %), profitiert aber noch von einer Umsatzsteigerung um 4,6 Prozent. Bessere Geschäfte verzeichnen die Hersteller von Kraftwagen und Kraftwagenteilen, die beim Auftragseingang (+ 10,3 %), bei der Produktion (+ 11,3 %) und beim Umsatz (+ 6,4 %) immer noch beachtliche Zuwächse verbuchen.

Insgesamt erhöhten sich bis zum Oktober 2012 die Auftragseingänge im Verarbeitenden Gewerbe des Saarlandes um 0,2 Prozent und die Umsätze um 2,1 Prozent. Im Jahr 2011 gab es hier noch Steigerungsraten von jeweils 15 Prozent.

Bundesweit hat sich die Industriekonjunktur ebenfalls spürbar eingetrübt, so dass bei vielen Indikatoren des Verarbeitenden Gewerbes inzwischen eine rückläufige Entwicklung festzustellen ist. Der Auftragseingang ging bis zum Oktober um 3,0 Prozent zurück, der Industrieumsatz verbesserte sich um lediglich 1,7 Prozent.

Bauwirtschaft wechselhaft
In der saarländischen Bauwirtschaft verlief die Konjunktur 2012 wenig zufriedenstellend. Das Ausbaugewerbe meldete bei der Untergruppe „Bauinstallation“ zwar noch gute Geschäfte, verzeichnete ansonsten aber enttäuschende Ergebnisse. Im Bauhauptgewerbe gingen die Aufträge sowohl im Hochbau als auch im Tiefbau bis zum Oktober deutlich zurück, wodurch der Umsatz gerade noch um 0,5 Prozent zulegen konnte. Hoffnung verspricht indessen die Entwicklung der Baugenehmigungen im Wohnungsbau, die im Vorjahresvergleich leicht zugenommen haben. Die Zahl der Beschäftigten ist sowohl im Bauhauptgewerbe als auch im Ausbaugewerbe in diesem Jahr weiter angestiegen.

Unbeständiger Energiesektor
Der Energiesektor nimmt innerhalb der Saarwirtschaft eine Sonderstellung ein. Nicht nur von konjunkturellen, sondern auch von energietechnischen und politischen Einflüssen bestimmt, unterliegt die Stromproduktion unregelmäßigen Schwankungen. So nahm die Bruttostromerzeugung in den ersten drei Quartalen 2012 im Vergleich zum Vorjahr um 30 Prozent auf 6,5 Mio. Megawattstunden (MWh) zu.

Obwohl der saarländische Kohlenbergbau zur Jahresmitte endgültig eingestellt wurde, trägt die Steinkohle nach wie vor in erheblichem Umfang zur Stromerzeugung bei. Ihr Anteil lag mit 5,8 Mio. MWh bei 89 Prozent. Die restlichen Energieträger sind vor allem Gase, Klärschlamm und Abfälle. Die Stromproduktion aus Wind- und Fotovoltaikanlagen wird seit dem Jahr 2011 nicht mehr monatlich, sondern nur noch jährlich erfasst. Im vorigen Jahr betrug die Stromerzeugung aus Windkraft 225 Tsd. MWh, aus Fotovoltaikanlagen 177 Tsd. MWh.

Handel weiter im Aufschwung – Rückläufiger Kfz-Handel
Der Einzelhandel (ohne Handel mit Kfz) verzeichnete bis Oktober 2012 eine erfreuliche Nachfragesteigerung, die eine nominale Umsatzverbesserung von 2,5 Prozent (real +0,4 %) mit sich brachte. Vor allem der Handel mit Lebensmitteln, mit Kommunikations- und Informationstechnik sowie mit Sport und Spielwaren, aber auch die großen Kaufhäuser und der Einzelhandel außerhalb von Verkaufsräumen meldeten eine befriedigende Geschäftsentwicklung. Die Tankstellen steigerten ihre Umsätze nominal um 4,5 Prozent; nach Ausschaltung der Preiserhöhungen verblieb dort aber real eine Einbuße von 1,4 Prozent.

Für den Handel mit Kraftwagen blieben Nachfragerückgänge aufgrund der verschlechterten Konjunkturlage sowie der Fortzug eines großen Kfz-Händlers nicht ohne Folgen. Nominal wie real wurden bis September 2012 drastische Umsatzeinbrüche von über 13 Prozent registriert. Auch der Handel mit Kraftwagenteilen und -zubehör war davon stark beeinträchtigt. Dagegen erzielte die Sparte der Instandhaltung und Reparatur von Kraftwagen ein Umsatzplus von gut 7 Prozent.

Exporte wachsen stärker als Importe
Im Außenhandel ist die Saarwirtschaft weiter auf Expansionskurs. Das Exportvolumen stieg bis zum September 2012 um 2,9 Prozent auf 11,4 Mrd. Euro, die Importe erhöhten sich um 0,5 Prozent auf 9,6 Mrd. Euro. Auch hier dominiert auf beiden Seiten der Handel mit Kraftfahrzeugen und Kfz-Teilen, der im Export allerdings leicht nachgab, während der Import noch etwas zulegen konnte. Die Lieferungen bzw. Bezüge von Rohstoffen und Halbwaren für die gewerbliche Wirtschaft entwickelten sich gegenläufig. Während 2,3 Prozent mehr Rohstoffe importiert wurden, gingen 24,1 Prozent weniger Rohstoffe aus dem Saarland ins Ausland. Die Einfuhr von Halbwaren verringerte sich um 24,1 Prozent, ihre Ausfuhr stieg um 5,8 Prozent.

Wichtigster Außenhandelspartner des Saarlandes ist sowohl auf der Einfuhr- als auch auf der Ausfuhrseite nach wie vor das Nachbarland Frankreich.

Beschäftigung weiter auf hohem Niveau
Nach vorläufigen Daten der Bundesagentur für Arbeit lag die Zahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten im Saarland Ende September 2012 bei 368 600 Personen, das waren 1 754 oder 0,5 Prozent mehr als vor Jahresfrist. Hiervon entfielen 128 700 Arbeitskräfte auf die produzierenden Bereiche einschließlich der Landwirtschaft und 239 900 Beschäftigte auf den tertiären Sektor, also die Dienstleistungen im weitesten Sinne. Die meisten Arbeitsplatzzuwächse gab es im Bereich „Information und Kommunikation“ und im „Gesundheits- und Sozialwesen“, während vor allem im Bergbau und im Bereich „Verkehr und Lagerei“ zahlreiche Stellen abgebaut wurden.

Auf Bundesebene sieht die Arbeitsmarktentwicklung ebenfalls noch etwas günstiger aus als im Vorjahr. Der vergleichbare Beschäftigtenstand war bis zum September 2012 um nahezu 407 000 Personen oder 1,4 Prozent auf 29,39 Millionen gestiegen. Davon hatten 23,85 Millionen Menschen ihren Arbeitsplatz in Westdeutschland. Gegenüber dem Vorjahresstand bedeutet dies ein Plus von über 362 000 Stellen oder 1,5 Prozent. In Ostdeutschland erhöhte sich die Zahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten um rund 44 600 oder 0,8 Prozent auf 5,54 Millionen.

Keine Entspannung auf dem Arbeitsmarkt
Infolge der erschwerten Konjunkturbedingungen hat die Zahl der Arbeitslosen bundesweit wie auch landesintern wieder zugenommen. Im Saarland waren Ende November dieses Jahres 33 757 Personen arbeitslos gemeldet, das waren 2 239 Betroffene oder 7,1 Prozent mehr als zur gleichen Vorjahreszeit. Die Arbeitslosenquote, bezogen auf alle zivilen Erwerbspersonen, erhöhte sich damit von 6,2 Prozent auf 6,6 Prozent. Im Reigen der Bundesländer bedeutet dies den 7. Rang.

Bundesweit stieg die Zahl der Arbeitslosen binnen Jahresfrist um 38 400 auf 2,75 Millionen. Die Zuwachsrate von 1,4 Prozent war dabei niedriger als im Saarland (+7,1 %). Die gesamtdeutsche Arbeitslosenquote erhöhte sich von 6,4 Prozent im November 2011 leicht auf nunmehr 6,5 Prozent. Es besteht nach wie vor ein starkes Ost-West-Gefälle mit 9,8 Prozent in Ostdeutschland und 5,6 Prozent in Westdeutschland. Im Vorjahresvergleich ging die Arbeitslosenzahl im Osten um 4,2 Prozent zurück, im Westen stieg sie um 4,0 Prozent.
46,8 Prozent der saarländischen Erwerbslosen sind Frauen, und jeder zehnte Arbeitsuchende ist jünger als 25 Jahre.

Preisentwicklung auch im Jahr 2012 jenseits der Stabilitätsschwelle
Der Anstieg des saarländischen Verbraucherpreisniveaus lag 2012 wie bereits im Vorjahr jenseits der kritischen Schwelle von zwei Prozent. Betrachtet man die ersten elf Monate dieses Jahres, mussten die Konsumenten für einen vergleichbaren Warenkorb im Durchschnitt 2,3 Prozent mehr bezahlen als im Vorjahr. Gemessen an der Entwicklung des Verbraucherpreisindexes wurde damit das Ziel der Preisniveaustabilität im Saarland verfehlt, während auf Bundesebene im gleichen Zeitraum ein Anstieg von genau zwei Prozent gemessen wurde.

Ein Problem stellt das aktuelle Niveau der Geldentwertung vor allem für die Besitzer von Geldvermögen dar, da das derzeit extrem niedrige Zinsniveau eine schleichende reale Vermögensentwertung nach sich zieht. Dadurch wird insbesondere das System der privaten Altersvorsorge in Mitleidenschaft gezogen. Bei der klassischen Form der Vorsorge, der Lebensversicherung, liegt der Garantiezins für Neuverträge zurzeit unterhalb der Inflationsrate.

Die durchschnittliche Lohnentwicklung konnte hingegen bislang mit der Verbraucherpreisentwicklung Schritt halten. So lagen die Reallöhne von Vollzeitbeschäftigten in Deutschland im 2. Quartal 2012 um durchschnittlich 0,6 Prozent oberhalb des Vorjahreswertes.

Der Anstieg der Verbraucherpreise verlief nicht gleichmäßig: Überdurchschnittliche Preissteigerungen gab es im Saarland vor allem bei Nahrungsmitteln (+ 3,3 %), Bekleidung und Schuhen (+ 3,8 %) sowie im Energiesektor. Für Haushaltsenergie mussten die saarländischen Konsumenten im Durchschnitt 5,4 Prozent mehr aufwenden als im letzten Jahr. Am stärksten haben sich die Umlagen für Zentralheizung und Fernwärme (+ 9,4 %) und Heizöl (+ 9,3 %) verteuert. Die Gaspreise stiegen im Schnitt um 7,4 Prozent an. Lediglich die Strompreise legten 2012 eine vorübergehende Ruhepause ein (+ 0,8 %).

Einen mäßigenden Einfluss auf die Gesamtveränderungsrate hatten die Wohnungsmieten (ohne Nebenkosten). Sie stiegen im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um lediglich 1,0 Prozent. Preisrückgänge gegenüber dem Vorjahr (- 1,4 %) wurden wie bereits in den früheren Jahren bei den Gütern und Dienstleistungen der Telekommunikation festgestellt. Grund hierfür ist der rapide Preisverfall bei den Telekommunikationsgeräten.

Weniger Betriebsgründungen und weniger Betriebsstilllegungen
Die Entwicklung der Gewerbeanzeigen gibt Auskunft darüber, wie sich auf den einzelnen Märkten der Strukturwandel vollzieht. Von Januar bis Oktober 2012 verzeichneten die saarländischen Städte und Gemeinden 6 226 Anmeldungen von neuen Geschäftstätigkeiten. Darunter waren 1 190 Betriebsgründungen. Auf der anderen Seite gab es 5 600 Abmeldungen, wobei in 1 022 Fällen eine vollständige Betriebsaufgabe vorlag.
Damit hat sich die Zahl der Betriebsgründungen im Vorjahresvergleich um 7,9 Prozent vermindert, die der Betriebsstilllegungen um 3,4 Prozent. Die meisten An- und Abmeldungen vollzogen sich in den Bereichen Handel, Gastgewerbe und Dienstleistungen.

Weiterhin viele Insolvenzen
Nach den bis Oktober vorliegenden Meldungen der Amtsgerichte verharren die Unternehmensinsolvenzen im Saarland weiterhin auf einem hohen Niveau, das seit dem Jahr 2003 bei rund 400 Fällen jährlich liegt. Allerdings zeichnet sich nach dem Anstieg im Vorjahr (+ 10 %) nun wieder ein leichter Rückgang ab: In den ersten zehn Monaten dieses Jahres wurden mit 310 Insolvenzen 25 Fälle bzw. 7,5 Prozent weniger gemeldet als im gleichen Zeitraum 2011. Da das laufende Jahr zudem bisher von Großinsolvenzen verschont blieb, hat sich die Höhe der Gläubigerforderungen deutlich stärker reduziert (- 84 % auf unter 75 Mio. Euro) und ist auch die Zahl der betroffenen Arbeitnehmer kräftiger zurückgegangen (- 38 % auf unter 1 500).

Die meisten der zahlungsunfähig gewordenen Unternehmen (60 Fälle) gehörten zum Bereich „Handel; Instandhaltung und Reparatur von Kfz“. An zweiter Stelle liegt der Bausektor (57 Verfahren), wo ein Anstieg um 12 Prozent eintrat. Dagegen war im Gastgewerbe ein starker Rückgang um 40 Prozent auf 31 Insolvenzen zu vermelden.

Anhaltender Bevölkerungsrückgang
Das gesamtwirtschaftliche Geschehen des Saarlandes wurde auch im Jahr 2012 von einer rückläufigen Einwohnerzahl begleitet. In den ersten acht Monaten hat sich die saarländische Bevölkerung um 2 791 Personen oder 0,3 Prozent auf 1 010 561 Einwohner verringert. Dabei fiel vor allem das anhaltend hohe Geburtendefizit von 3 720 Personen ins Gewicht, während die Wanderungen über die Landesgrenze einen positiven Saldo von 910 Personen erbrachten.

Quelle: Saarland.de – Statistisches Amt Saarland

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