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18. Oktober 2024
Schleswig-Holstein

Burkhard Peters: Abstandsgebot einhalten

(LNP) Wir Grünen begrüßen das Zustandekommen des Staatsvertrages mit Hamburg über die Sicherungsverwahrung. Unsere Partei ist bekanntlich ohnehin für eine intensivere Kooperation der nördlichen Bundesländer, auch auf vielen anderen Feldern.

Es macht grundsätzlich auch wenig Sinn, eine zweite Einrichtung für Sicherungsverwahrte mit einem Abstand von nur 65 km zu schaffen und dafür mehrere Millionen Euro auszugeben.Es bleibt dem Land wegen der vom Bundesverfassungsgericht gesetzten Frist zur Verwirklichung des geforderten Abstandsgebots bis zum 31.05.2013 ohnehin keine andere Wahl, weil die Vorgängerregierung eine rechtzeitige greifende Landeslösung nicht zustande brachte.

Der Staatsvertrag vom 07.02.2013 stellt einen fairen Interessenausgleich zwischen Schleswig-Holstein und Hamburg dar. Dies gilt insbesondere für die Regelung, nach der es Hamburg ermöglicht wird, entlassene eigene Sicherungsverwahrte im Einvernehmen mit Schleswig-Holstein auf schleswig-holsteinischem Gebiet in eigenen Einrichtungen unterzubringen, also vor allem in therapeutischen Wohngemeinschaften unter hamburgischer Regie. Auch die Regelung über die Erstattung der Kosten unterliegt keinen Bedenken. Der Tagessatz von 250 Euro pro Platz erscheint nicht zu hoch, wenn tatsächlich die intensiven therapeutischen Maßnahmen umgesetzt werden, auf die die Sicherungsverwahrten nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) einen Anspruch haben.

An zwei Punkten gilt es dennoch Bedenken anzumelden, die in der weiteren parlamentarischen Befassung ausgeräumt werden sollten:

Wir haben uns in der Januarsitzung in erster Lesung mit dem Entwurf des Sicherungsverwahrungsvollzugsgesetzes in Schleswig-Holstein beschäftigt, das nach unserer Ansicht dem humanitären Geist des einschlägigen Verfassungsgerichtsurteils entspricht. Die Sicherungsverwahrten geben wir allerdings aus unserer Hand und verbringen sie nach Hamburg. Dort soll für die Untergebrachten das entsprechende Sicherungsverwahrungsvollzugsgesetz für Hamburg gelten, welches erst im Februar in den Senat eingebracht wurde.

Ich habe einen Vergleich der beiden Entwürfe vorgenommen und komme zu dem Ergebnis, dass mir unser Gesetzentwurf in vielen Punkten besser gefällt. Nur zwei Beispiele:

Der Hamburger Entwurf lässt eine Zimmergröße einschließlich Waschgelegenheit und Toilette von nur 15 qm zu. Es ist dem Gesetz nach nicht erforderlich, dass die Waschgelegenheit und die Toilette baulich vollständig vom restlichen Zimmer abgetrennt sind. Die Toilette in der Zelle ist aber typisch für einen Knast. Hier wird nach meiner Ansicht das Abstandsgebot schon im Wortsinne nicht erfüllt!

Der Schleswig-Holsteinische Entwurf operiert nicht mit einer konkreten Zimmergröße, sondern fordert „ausreichenden Raum zum Wohnen und Schlafen“, wobei der Sanitärbereich baulich abgetrennt zu errichten ist. Außerdem wird hier die Einbeziehung der Zimmer in den Bereich einer Wohngruppe betont.

Bei der Regelung der ohnehin problematischen Disziplinarmaßnahmen geht der Hamburger Entwurf gleich in die Vollen. Unser Entwurf schreibt wenigstens vor dem Ergreifen von Disziplinarmaßnahmen zunächst die Prüfung vor, ob nicht auch ein Konfliktgespräch zur Schlichtung und einvernehmlichen Konfliktlösung ausreichend ist.

Wir sollten also im Rahmen der weiteren Befassung mit dem Staatsvertrag einen Abgleich der beiden Landesvollzugsregelungen vornehmen und uns mit Hamburg darüber ins Benehmen setzen, dass eine weitestgehend angeglichene und aus beiden Entwürfen optimierte Gesetzeslösung gefunden wird.

Das zweite Problem ist die Gestaltung der Räumlichkeit:

Die Beurteilung des Oberlandesgerichts Naumburg, wonach die Zimmergröße 20 qm betragen soll zuzüglich Nasszelle mit Dusche und eigener Kochgelegenheit mit Kühlschrank, ist nicht zwingend aus dem Bundesverfassungsgerichtsurteil zur Sicherungsverwahrung abzuleiten, sollte von uns aber ernstgenommen werden, auch weil die Zimmergröße Gegenstand eines anhängigen Beschwerdeverfahrens vor dem Oberlandesgericht Hamburg ist. Die Zimmergröße in der JVA Fuhlsbüttel beträgt 17,5 qm bei einem separaten Nassbereich. Der Nassbereich hat jedoch keine eigene Dusche. Die Gemeinschaftsduschen auf dem Gang müssen aber mindestens abschließbar sein und das getrennte Duschen ermöglichen.

Ob das Abstandsgebot insgesamt in Hamburg Fuhlsbüttel ausreichend erfüllt ist, hängt nach meiner Auffassung nicht von 2 ½ qm mehr oder weniger ab, sondern von der Gesamtkonzeption der Einrichtung einschließlich aller therapeutischen Möglichkeiten, Freizeitgestaltungen, Arbeitsangebote und Aufenthaltsmöglichkeiten innerhalb der Wohngruppe und eines frei zugänglichen Außenbereichs.

Wir werden im Innen- und Rechtsausschuss dennoch nicht umhinkommen, die aufgeworfene Frage der ausreichenden Beachtung des Abstandgebotes in der JVA Fuhlsbüttel genau unter die Lupe zu nehmen. Meine Erfahrung aus meiner Tätigkeit im Petitionsausschuss und den dort häufigen Beschwerden über die Verhältnisses in der JVA Lübeck zeigen mir, dass insoweit die konkret sinnliche Erfahrung am besten geeignet ist, sich ein Urteil zu bilden. Ich werde daher im Ausschuss vorschlagen, dass wir uns im Rahmen einer Delegation selber ein Bild von den Verhältnissen in Fuhlsbüttel machen.

Fraktion Bündnis 90/Die Grünen
im Schleswig-Holsteinischen Landtag
Claudia Jacob
Pressesprecherin
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