(LNP) Der Fall des 13jährigen Mädchens Nina stellt wiederholt die Arbeit des Jugendamtes in Frage, wie die Antwort auf eine Schriftliche Kleine Anfrage des Abgeordneten Christoph de Vries zeigt. Der Senat räumt offiziell ein Fehlverhalten des Jugendamtes ein, weil sich der Allgemeine Soziale Dienst (ASD) erst nach mehr als drei Monaten einen persönlichen Eindruck von der Lebenssituation des Mädchens und ihrer betreuenden Familie gemacht hat.
Die CDU-Fraktion fordert eine Befassung mit dem Fall im Sonderausschuss, um die Versäumnisse der Jugendämter offenzulegen.
Dazu erklärt Christoph de Vries, familienpolitischer Sprecher der CDU-Bürgerschaftsfraktion:
„Wieder gibt es ein Fehlverhalten auf Seiten des Jugendamtes, nur dass es dieses Mal glücklicherweise gut ausgegangen ist. Besonders fragwürdig ist die Aussage des Senats, es habe für Nina zu keinem Zeitpunkt eine Kindeswohlgefährdung gegeben. Wie kann das Jugendamt zu dieser Schlussfolgerung gelangen, ohne das Kind nur einmal zu Gesicht bekommen zu haben und sich einen persönlichen Eindruck von den Wohn- und Lebensverhältnissen der betreuenden Familie verschafft zu haben? Diese Aussage steht in offenem Widerspruch zu den gesetzlichen Vorgaben des Sozialgesetzbuches. Nach den vorliegenden Informationen hat das Jugendamt es unterlassen, alle gefährdungsrelevanten Tatsachen zu ermitteln und dann festzustellen, ob eine Kindeswohlgefährdung vorliegt.
Darüber hinaus werden zum wiederholten Mal nahezu alle Fragen, die die Versäumnisse in den Hamburger Jugendämtern aufklären sollen, mit Verweis auf den Sozialdatenschutz nicht beantwortet. Man gewinnt den Eindruck, dass der Schutz persönlicher Daten weniger den Interessen der Betroffenen dient als vielmehr dem Schutz des Senats vor der Offenlegung eklatanter Versäumnisse der Jugendämter. Kein Senat zuvor hat jemals den Sozialdatenschutz derart weitreichend interpretiert und wichtige Informationen zurückgehalten. Die SPD entzieht damit einer kritischen, parlamentarischen Aufklärung die Grundlage. Diese Haltung macht aus Sicht der CDU eine Befassung des Falls im Sonderausschuss Chantal dringend erforderlich. Im Notfall muss dies in nicht-öffentlicher Sitzung geschehen.
Hintergrund:
Die 13-jährige Nina aus Rahlstedt ist Anfang Januar von ihrer alkoholabhängigen Mutter geflohen und bei der Familie einer Schulfreundin untergekommen. Nina war das letzte in der leiblichen Familie verbliebende Kind, alle anderen Kinder wurden bereits aus der Familie genommen. Der Vater des Kindes und die Mutter der Freundin, die Nina ein neues Zuhause bot, wandten sich umgehend an das zuständige Jugendamt. Erst nach mehr als drei Monaten wurde jedoch ein erster Hausbesuch in der betreuenden Familie gemacht.
Das Sozialgesetzbuch § 8a SGB VIII verlangt aber, dass soweit auch nur der Anschein einer gegenwärtigen erheblichen Gefahr vorliegt, sofortiges Handeln des Jugendamtes geboten ist. Weitere Informationen sind auch vor Ort zu erheben und zu bewerten. Hierbei gilt der Amtsermittlungsgrundsatz gem. § 20 SGB X. Gründe, eine sorgfältige Prüfung umgehend zu veranlassen, gab es bereits, als Nina noch bei Ihrer leiblichen Familie wohnte. Allein der Umstand, dass alle anderen Kinder aus der Familie genommen wurden, müsste dafür ausreichen.
Julia Wagner
Pressesprecherin
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