Startseite BundesländerSachsen Köditz: „Report“-Beitrag über NSU – Viel Lärm, wenig Substanz

Köditz: „Report“-Beitrag über NSU – Viel Lärm, wenig Substanz

von Frank Baranowski
0 Kommentare

(LNP) Zum gestrigen Beitrag des SWR-Magazins „Report“ über ein angeblich neues Dokument zum NSU erklärt die Obfrau der Fraktion DIE LINKE im Untersuchungsausschuss „Neonazistische Terrornetzwerke“, Kerstin Köditz:

Der in der Sendung als brisant und sensationell präsentierte Antrag des Landesamtes für Verfassungsschutz Sachsen auf Durchführung einer G10-Maßnahme, also der Telefonüberwachung der dreiköpfigen Kerngruppe des NSU und weiterer vier Neonazis, liegt dem Untersuchungsausschuss seit langer Zeit vor. Bei mehreren Zeugenvernehmungen gab er Anlass für detaillierte Nachfragen. Im Oktober 2012 gab es sogar eine umfangreiche Presseberichterstattung darüber. Unmittelbar danach verfassten die Fraktionsvorsitzenden von LINKEN, SPD und Grünen in der Angelegenheit einen Brief an Innenminister Ulbig. Danach reichten LINKE und SPD einen dringlichen Antrag in den Landtag ein.

Für die Verantwortlichen der o.g. Sendung wäre es ein Leichtes gewesen, im Vorfeld mit Innenministerium, Landesamt für Verfassungsschutz oder Untersuchungsausschuss ins Gespräch zu kommen und mehr über das angeblich neue Dokument zu erfahren.

Der gestrige „Report“-Beitrag geht von der Grundthese aus, die Behörden wären bereits im Jahr 2000 von der Existenz einer terroristischen Gruppierung ausgegangen. Für mich gibt es im Gegensatz dazu deutlich mehr Hinweise darauf, dass die zuständige G10-Kommission des Landtages bewusst getäuscht werden sollte, um deren Zustimmung zu der geplanten Abhörmaßnahme zu erhalten. Denn eigentlich hätte der Geheimdienst in dieser Angelegenheit gar nicht tätig werden dürfen, da es sich um die Verfolgung begangener oder geplanter Straftaten handelte – und dafür ist ausschließlich die Polizei zuständig. Diese hätte sich jedoch an ein Gericht wenden müssen, das wiederum Belege für die Behauptungen verlangt hätte. Das aber sollte offenbar umgangen werden. Nach rechtsstaatlichen Kriterien fragwürdig ist auch, dass die von der Überwachung Betroffenen über ein Jahrzehnt lang nicht benachrichtigt wurden.

Bisher gibt es keine eindeutigen Belege dafür, dass es sich bei dem flüchtigen Trio und den anderen Abgehörten tatsächlich um eine Gruppenstruktur handelte. Fragwürdig erscheint auch die Auswahl und Zahl der Betroffenen. Das wird bei den weiteren Zeugenvernehmungen im Untersuchungsausschuss eine Rolle spielen. Sollte es nämlich tatsächlich überprüfbare Belege dafür geben, dass zum damaligen Zeitpunkt eine einheitlich und gemeinsam handelnden Gruppe existierte, hieße das auch, dass ein Grundpfeiler der Anklageschrift gegen Beate Zschäpe und andere obsolet wäre. Dort wird nämlich davon ausgegangen, dass es sich beim NSU um eine isoliert handelnde Kleingruppe gehandelt habe.

Fraktion DIE LINKE im Sächsischen Landtag
Elke Fahr
stv. Pressesprecherin
Tel: 0351 – 493 5871
E-Mail: elke.fahr@slt.sachsen.de

Das könnte dir auch gefallen