Entscheidung mit Signalwirkung für Banken
(lnp) Der Bundesgerichtshof hat ein wegweisendes Urteil gefällt, das Verbrauchern Rückenwind im Kampf gegen unzulässige Bankgebühren gibt. Der XI. Zivilsenat, zuständig für Bank- und Kapitalmarktrecht, entschied zugunsten eines Klägers, der die Rückzahlung von Kontoführungsentgelten und Gebühren für eine Girokarte forderte. Der Grund: Die Gebühren basierten auf einer unwirksamen Klausel in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Sparkasse.
Hintergrund: Die umstrittene Zustimmungsfiktionsklausel
Die Sparkasse hatte versucht, Änderungen von Vertragsbedingungen und Entgelten durch eine sogenannte Zustimmungsfiktionsklausel durchzusetzen. Diese besagt, dass ein Kunde automatisch zustimmt, wenn er nicht innerhalb einer bestimmten Frist widerspricht. Doch der Kläger hatte dieser Änderung nie aktiv zugestimmt. Trotz fortgesetzter Nutzung des Girokontos sah der Bundesgerichtshof darin keinen Ausdruck seines Einverständnisses.
Der Zugang zu einem Girokonto sei essenziell für die Teilnahme am modernen Wirtschaftsleben, erklärte der Senat. Die Nutzung allein könne daher nicht als Zustimmung zu geänderten Vertragsbedingungen interpretiert werden.
Der Fall: Gebühren ohne Rechtsgrund
Der Kläger forderte die Rückzahlung von Gebühren, die zwischen 2018 und 2021 abgebucht wurden – insgesamt 192 Euro. Darüber hinaus begehrte er die Feststellung, dass die Sparkasse verpflichtet sei, zukünftige Schäden zu ersetzen, die durch nicht vereinbarte Bankentgelte entstehen könnten.
Sowohl das Amtsgericht als auch das Landgericht hatten die Klage zunächst abgewiesen. Erst vor dem Bundesgerichtshof fand der Kläger Gehör. Die Richter erklärten die Entgeltregelung für unwirksam und gaben dem Kläger recht: Die Sparkasse habe die Gebühren ohne Rechtsgrund erhoben und müsse sie zurückzahlen.
Signalwirkung: Grenzen für Banken und Sparkassen
Das Urteil setzt klare Grenzen für die Vertragsgestaltung von Banken und Sparkassen. Bereits 2021 hatte der Bundesgerichtshof entschieden, dass Zustimmungsfiktionsklauseln im Verkehr mit Verbrauchern unwirksam sind. Das jetzige Urteil bekräftigt diese Linie.
Interessant ist auch, dass die Richter eine Übertragung der sogenannten Dreijahreslösung – bekannt aus Energielieferungsverträgen – ablehnten. Demnach hätte der Kläger möglicherweise auf seine Ansprüche verzichten müssen, wenn er nicht innerhalb von drei Jahren widersprochen hätte. Doch diese Regelung sei hier nicht anwendbar, da es um grundlegende Vertragsbedingungen und nicht nur um Preisanpassungen gehe.
Fazit: Verbraucher in der stärkeren Position
Dieses Urteil stellt einen Meilenstein für Verbraucher dar, die sich gegen unrechtmäßige Gebühren wehren wollen. Es zeigt, dass Banken und Sparkassen bei Vertragsänderungen nicht allein auf Passivität der Kunden setzen können. Die Entscheidung könnte weitreichende Auswirkungen auf die Finanzbranche haben und Banken zu einer kundenfreundlicheren Praxis bei Vertragsänderungen zwingen.
BGH-Urteil vom 19. November 2024 – XI ZR 139/23
Vorinstanzen:
- Amtsgericht Ingolstadt – Urteil vom 11. August 2022 – 13 C 1691/21
- Landgericht Ingolstadt – Urteil vom 23. Juni 2023 – 13 S 1539/22
Quelle: Pressemitteilung Nr. 219/2024 vom 19.11.2024
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