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18. Oktober 2024
Schleswig-Holstein

Christopher Vogt: Die Übertragbarkeit des Modells der Jugendberufsagenturen auf Schleswig-Holstein muss geprüft werden

(LNP) In seiner Rede zu TOP 34 (Jugendberufsagenturen) erklärt der wirtschaftspolitische Sprecher der FDP-Landtagsfraktion, Christopher Vogt:

„Zunächst möchte ich erneut betonen, dass die FDP-Fraktion das Hamburger Modell der Jugendberufsagenturen für ein hochinteressantes Modell hält und deshalb ist es auch richtig, die Übertragbarkeit dieser Idee auf unser Flächenland zu prüfen. Es leuchtet jedem ein, dass es Sinn machen sollte, wenn Jugendliche vor bzw. während ihres Einstiegs in das Berufsleben koordinierte Beratung und Hilfe ‚unter einem Dach‘ finden könnten. Dies könnte Kräfte bündeln, Doppelstrukturen vermeiden und würde für alle Beteiligten eine neue Form der Übersichtlichkeit schaffen.

Es muss jedoch auch allen Beteiligten klar sein, dass es bis dahin in Schleswig-Holstein ein sehr langer und steiniger Weg werden könnte, denn schließlich unterscheiden sich die bisherigen und ja auch – so oder so – die zukünftigen Strukturen hierzulande deutlich von denen im Stadtstaat Hamburg.

Nun muss man feststellen, dass der vom Landtag an die Landesregierung gerichtete Prüfauftrag, ob das in Hamburg eingeführte Modell der Jugendberufsagenturen auch auf unser Flächenland übertragen werden könnte, nicht erfüllt wurde und vermutlich auch tatsächlich nicht erfüllt werden konnte.

Dies ist angesichts der überschaubaren Erfahrungen, die die Hamburger seit Ende 2012 sammeln konnten auch nicht wirklich überraschend, aber bemerkenswert ist es schon, wenn die Koalitionsfraktionen einen Prüfauftrag an die eigene Landesregierung beantragen, den das Parlament dann auch beschließt, und dann teilt uns die Landesregierung gleich zu Beginn des Berichts mit erfrischender Offenheit mit, dass der Auftrag des Parlamentes gar nicht erfüllt werden konnte.

Auch wenn man so ein extrem höflicher Mensch ist wie ich, muss man da wohl von ‚Dialog-Versagen‘ bei der Koalition sprechen! Das ist ja auch nichts Neues. Ein bestellter Bericht von Seiten der Landesregierung war das hoffentlich nicht, sonst wäre es wirklich erschreckend. Man muss sich wirklich wundern, dass Sie hier heute über diesen Bericht debattieren wollten, man hätte diesen angesichts des Ergebnisses auch einfach im Ausschuss beraten können.

Immerhin: Der Bericht kann eine Grundlage für den Beginn einer Diskussion zu einem wichtigen Thema sein und er gibt zumindest einen gewissen Überblick über die bisherigen Konzepte und Strukturen. Er wird ja in den Ausschuss zur weiteren Beratung verwiesen werden, ich möchte jedoch vorschlagen, dass die Landesregierung in etwa einem Jahr den offenbar nicht erfüllbaren Auftrag des Landtages nachholt, wenn man in Hamburg belastbare Erfahrungen sammeln konnte.

Die jüngsten Statistiken zeigen, dass wir in Deutschland – trotz der leider immer noch hohen strukturellen Arbeitslosigkeit in Ostdeutschland – die niedrigste Jugendarbeitslosigkeit und – nach Österreich – die zweitniedrigste Arbeitslosenquote in der EU haben. Das ist einerseits zwar beruhigend, sollte aber andererseits niemanden dazu veranlassen, sich auf diesen Lorbeeren auszuruhen, auch weil der Vergleich mit unseren Nachbarländern wegen der wirtschaftlichen und auch arbeitsmarktpolitischen Probleme, die dort derzeit vorhanden sind, nicht der entscheidende Maßstab sein sollte.

Man kann derzeit auf dem ‚jungen‘ schleswig-holsteinischen Arbeitsmarkt zwei Entwicklungen beobachten, die meines Erachtens die wichtigsten Herausforderungen in der Arbeitsmarktpolitik für diese Altersgruppe darstellen: Zum einen wird der demographische Wandel in unserer Gesellschaft auf dem Ausbildungsmarkt immer deutlicher spürbar. Es ist bisher vor allem der demographische Wandel in Mecklenburg-Vorpommern, der hier zu spüren ist, weil es deutlich weniger Bewerber aus unserem Nachbarbundesland gibt als in den vergangenen 20 Jahren. Zusammen mit noch einigen anderen Faktoren führt dies dazu, dass wir bereits mehrfach mehr Ausbildungsplätze als Bewerber hatten. Der demographische Wandel bedeutet für die junge Altersgruppe eine enorme Belastung, auf dem Arbeitsmarkt eröffnet er aber auch bisher ungeahnte Möglichkeiten.

Dies führt dann zur zweiten Entwicklung: Das Auseinanderdriften auf dem jungen Arbeitsmarkt und die immer noch viel zu hohe Zahl an nicht vermittelbaren Bewerbern, die trotz der offenen Ausbildungsplätze keinen bekommen, weil sie leider oftmals auch nicht die notwendigen Voraussetzungen mitbringen. Das ist ein Drama, bei dem noch engagierter gehandelt werden muss. Hier muss der Staat unter die Arme greifen, damit auch diese Menschen trotz der geringen Qualifizierung ein selbstbestimmtes Leben führen können. Gerade für diese jungen Menschen muss geprüft werden, ob eine noch besser koordinierte Beratung mit der Hilfe ‚unter einem Dach‘ nach dem Hamburger Modell möglich wäre, denn nur die bedarfsgerechte Betreuung in Form eines massiven Engagements und die professionelle Begleitung über mehrere Jahre kann meines Erachtens dazu beitragen, dass diese jungen Menschen, auf deren Beitrag unsere Gesellschaft auch angewiesen ist, dauerhaft auf dem Arbeitsmarkt Fuß fassen können. Jugendberufsagenturen sind da, wie gesagt, ein hochinteressantes Modell, über dessen Übertragbarkeit wir uns hier jedoch erst dann ernsthafter unterhalten können, wenn ausreichende und belastbare Erfahrungswerte vorliegen.“

Dr. Klaus Weber, Pressesprecher, v.i.S.d.P., FDP-Fraktion im Schleswig-Holsteinischen Landtag, Landeshaus, 24171 Kiel, Postfach 7121, Telefon: 0431/ 9881488, Mobil: 0160/1595153, Telefax: 0431/ 9881497, E-Mail: info@fdp.ltsh.de, Internet: http://www.fdp-fraktion-sh.de/

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