(LNP) Die Piratenpartei Sachsen-Anhalt begrüßt die Vorlage eines Konzeptes zur Gestaltung der digitalenZukunft des Landes[1,a] von der Landesregierung Sachsen-Anhalt, bemängeltaber gleichzeitig die in mehreren Punkten unzeitgemäßen Planungen. Allen voran vermissen die Piraten die strategische Neuausrichtung im Bereich der in der Landesverwaltung und Behörden einsetzbaren Software.
Mit dem konsequenten Umstieg auf sogenannte Open-Source-Software[2] würden große Beträge an Lizenzkosten eingespart und die knappe Staatskasse dauerhaft entlastet werden. Zusätzlich könnten damit auch einheitliche und vor allem quelloffene Standards[3] im Datenaustausch innerhalb der Verwaltung und zwischen Verwaltung und Bürger geschaffen werden.
„Dass diese Aspekte der modernen Informationstechnik in keinster Weise in die strategischen Überlegungen der Landesregierung einbezogen worden sind, ist völlig unverständlich und irritierend.“ so Roman Ladig, stellv. Vorsitzender der Piraten „Entweder möchte die Landesregierung nicht auf Höhe der Zeit planen und sinnlos Geld verschwenden oder aber sie haben es schlichtweg vergessen. Beide Möglichkeiten zeugen von (digitaler) Inkompetenz!“
Vorbilder und Vorreiter in diesem Bereich sind die Leipziger Verwaltung[4] und vor allem die Stadt München[5]. Von den Erfahrungen mit dem Münchner Limux-Projekt und den darin erarbeiteten Softwarekomponenten kann Sachsen-Anhalt leicht profitieren und muss nicht „das Rad neu erfinden“[6]. Schätzungen zufolge könnte Sachsen-Anhalt durch den konsequenten Einsatz von freier Software zweistellige Millionenbeträge pro Jahr einsparen.
Auch das Prinzip der freien Verfügbar- und Nutzbarkeit von öffentlichen Daten (sog. Open Data[7]) wird im Strategiepapier nur am Rande erwähnt und stiefmütterlich dem eGovernment zugeordnet. Dabei steckt im Open-Data-Konzept nachhaltiges Potential, weil durch die Bereitstellung von (nicht personenbezogene) Daten des Landes und der Kommunen, wie z.B. Geodaten, Demographiedaten, Lehrmaterialien, Verkehrsinformationen, Rechtsvorschriften, Beschlüsse, Planungsvorhaben, Sitzungsprotokolle u.v.m. vorteilhaftewirtschaftliche und gesellschaftliche Entwicklungen eingeleitet werden [8], wenn die Daten für alle frei und leicht zugänglich gemacht werden. Dazu Thomas Hübner, Anwendungsentwickler und Gründungsmitglied des Landesverbandes,“Um das ganze Potential von Open Data für das Land zu nutzen, ist erstens eine zentrale intuitiv bedienbare und barrierefreie Plattform notwendig. Zweitens ist für eine breite Nutzung und daraus sich ergebende Innovationen die Abwesenheit von Urheberrechtsbeschränkungen wie Copyright, Patenten und proprietären Rechten notwendig, was sich drittens nur durch konsequente Benutzung von freier Software, offener Standards und Lizenzen für freie Inhalte bewerkstelligen lässt.“ „Ganz elegant lässt sich das Problem der Teilfinanzierung lösen, wenn man bedenkt, dass die zu verwendenden Lizenzen bestimmen können, dass die Daten nur frei für die nichtkommerzielle Verwendung sind. Sind diese für Firmen interessant, werden für die Nutzung Lizenzgebühren fällig. So kann eine solche Open-Data-Plattformsich nicht nur selbst tragen,sondern auch förderlich für die Wirtschaft von Sachsen-Anhalt sein.“ meint Thomas Hübner.
Sandra Tiedtke, Piratenparteimitglied aus Dessau, fragt dagegen: „Warum sollten Bürger hier für ihre eigens durch Steuermittel finanzierten Datensammlungen doppelt und dreifach bezahlen?“
Sachsen-Anhalt ist auf dem Weg, Kooperationspartner des norddeutschen IT-Verbundes „Dataport“[9] zu werden. Bei der angestrebten Zusammenarbeit bleibe laut Aussage des Finanzministeriums die politische Steuerung im IKT-Bereich im Land. Mit diesem geplanten Schritt wird der Umstieg auf freie Software nahezu unmöglich gemacht. Nicht nur, dass die Firma Dataport unfreie Software und Lizenzen benutzt, es zögert dadurch auch die Bereitstellung von „offenen Daten“ heraus[10]. Darüber hinaus ist die Firma Dataport mehrmals negativ in den Bereichentechnische Sicherheit[11], Datenschutz[12] und Kostenprüfung[13] aufgefallen. Ein weiterer Kritikpunkt ist der Ausschluss der heimischen IT-Wirtschaft bei der Auftragsvergabe der Landesregierung an Dataport ohne Wirtschaftlichkeitsprüfung und offizieller Ausschreibung[14]. Um die regionale Wertschöpfung im Land zu stärken, müssen die Potentiale von Sachsen-Anhalts IT-Wirtschaft genutzt werden.
Roman Ladig zum Thema: „Die geplante Kooperation mit Dataport muss man genauer unter die Lupe nehmen. Gerade im Bereich der polizeilichen IT-Technik, welche Dataport auch anbietet[15], gedeihen Vetternwirtschaft und Korruption. Bundesweit nehmen zudem merkwürdige Vereine Einfluss auf die IT-Entwicklung im Sicherheitsbereich. Die geplante Auslagerung von IKT-Diensten hin zu solchen intransparenten und fehleranfälligen Organisationen ist da sicher kein Zufall![16]“
Zusammengefasst sehen die PIRATEN in „Sachsen-Anhalt digital 2020“ eine große strategische Fehlentscheindung. Sehr zu kritisieren ist die Auslagerung der IT-Infrastruktur des Landes und noch mehr die sträfliche Vernachlässigung der Möglichkeiten von freier Software, Lizenzen und Daten. Damit verschenkt die Landesregierung eine große Chance, Sachsen-Anhalt in Zukunft nicht nur in der IT-Wirtschaft voran zu bringen. Die PIRATEN schlagen ein Konzept zur digitalen Entwicklung von Sachsen-Anhalt vor, welches mit einer landesweiten Ausschreibung der benötigten und weiter zu entwicklenden Informations- und Kommunikationsdienstleistungen der öffentlichen Verwaltung die IT-Kompetenz in Sachsen-Anhalt stärkt und die Aspekte von freier Software, freien Lizenzen und freien Daten zur Voraussetzung hat. Damit kann Sachsen-Anhalt die Grundlage dafür schaffen, mittelfristig zum
Vorreiter im Bereich eGovernment, digitale Gesellschaft und IT-Wirtschaft zu werden.
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