(LNP) In seiner Rede zu TOP 20 (FAG-Novelle neu starten) erklärt der Parlamentarische Geschäftsführer und finanzpolitische Sprecher der FDP-Landtagsfraktion, Dr. Heiner Garg:
„Die letzte wesentliche Änderung des FAGs wurde 1970 durchgeführt. In den über vierzig Jahren wurde an verschiedenen Stellschrauben gedreht, neue Mechanismen eingeführt – wie zuletzt die kommunale Konsolidierungshilfe. Das Ergebnis ist, dass heute nur noch Experten das Gesetz durchschauen können.
Bekannte Beispiele, die die Notwendigkeit einer Reform verdeutlichen, sind die noch im Gesetz enthaltene Zonenrandförderung, aber auch die teilweise desolate Haushaltslage einiger Kommunen, die ohne erkennbaren Grund nicht in der Lage sind, auch mit den Zuweisungen aus dem kommunalen Finanzausgleich ihre finanzielle Situation signifikant zu verbessern.
Es ist richtig und notwendig, dass der Innenminister sich nun einer Reform des FAGs angenommen hat. Auch wir zweifeln nicht an der Notwendigkeit einer Reform. Nun behauptet niemand, dass eine Neuregelung des Finanzausgleichs ein leichtes Unterfangen ist, aber es muss gründlich ausgearbeitet und passgenau für die besonderen Gegebenheiten in Schleswig-Holstein sein.
Dazu haben wir konkrete Vorschläge, die wir bisher in den diskutierten Entwürfen vermissen. Da ist zum einen die gründliche Ermittlung von Aufgaben für die jeweilige kommunale Ebene, die dann auch entsprechend finanziell hinterlegt werden müssen. Es müssen die folgenden Fragen beantwortet werden: Welche Aufgaben nimmt welche kommunale Ebene wahr und/oder soll welche Ebene wahrnehmen? Was verursacht das für Kosten? Welche Aufgaben sind freiwillig und welche verpflichtend?
Und da sind die Herausforderungen, die die demographische Entwicklung vor allem im ländlichen Raum mit sich bringt. Daher ist es aus unserer Sicht zwingend notwendig, dass der Demographiefaktor, der bereits in dem Entwurf enthalten ist, einen längeren Zeitraum betrachtet und langfristig eine vernünftige Infrastruktur im ländlichen Raum ermöglicht. Der kommunale Finanzausgleich darf den Wegzug aus der Fläche nicht noch beschleunigen. Und für ein Flächenland wie Schleswig-Holstein ist es wichtig, dass die Fläche in einem Flächenfaktor im Finanzausgleich Berücksichtigung findet.
Der Innenminister hat mit der Idee, das FAG zu reformieren, durchaus Mut bewiesen. Bedauerlicherweise ist dies in Übermut geendet. An einer vernünftigen Umsetzung scheitert der Innenminister nämlich auch mit der mittlerweile zweiten Nachbesserung. Das Reformvorhaben ist bislang gründlich in die Hose gegangen.
Dabei scheitert der Innenminister bereits an der Umsetzung seiner eigenen Ansprüche, die er bereits in seinem ersten Entwurf erfüllt sah.
Transparenter, effizienter sollte der neue Finanzausgleich werden – und besser nachvollziehbar. Auch auf eine größtmögliche Akzeptanz sollte er stoßen.
Dass die Opposition das anders sieht, mag den Innenminister wenig beeindrucken. Dass die kommunalen Spitzenverbände kaum ein gutes Haar am Entwurf lassen, mag er dahingehend umdeuten, wenn alle unzufrieden sind, habe er immerhin alles richtig gemacht. Dass aber selbst Mitglieder der regierungstragenden Fraktionen alles, nur nicht zufrieden mit den Plänen des Innenministers sind sollte, ihn zumindest nachdenklich machen.
Besonders kritisch haben sich beispielsweise die Kollegen der SPD, Habersaat und von Pein aus dem Kreis Stormarn, geäußert. Auch den zweiten Entwurf sahen die beiden nicht als zustimmungsfähig an. Im Hamburger Abendblatt sagte von Pein: ‚Den derzeitigen Gesetzentwurf kann ich so nicht unterstützen.‘ Und Kollege Habersaat: ‚Die Kommunen müssen handlungsfähig bleiben. Das sind sie so nicht.‘ Nach der zwischenzeitlich dritten Version hören sich die Aussagen der beiden noch nicht viel besser an. Kollege Habersaat sagt dazu: ‚Ich kann diesem Entwurf eher zustimmen als den beiden ersten Varianten. Ich wünsche mir aber noch Nachbesserungen.‘ Und auch Kollege von Pein ist nicht überzeugt: ‚Die Zahlen könnten sich bis 2015 noch ändern. Ich könnte jetzt noch nicht darüber abstimmen. Und ich gehe nicht davon aus, dass das Gesetz so kommt, wie es der Entwurf vorsieht.‘
Aber nicht nur die Abgeordneten der Koalition sehen noch deutlichen Nachbesserungsbedarf, auch der Ministerpräsident hat sich im KN-Interview kurz vor Weihnachten bemerkenswert geäußert und gesagt:
‚Es muss uns gelingen, den Nachweis der Transparenz zu erbringen. Da hat mein Innenminister noch viel zu tun. Falls wir das noch nicht schaffen sollten, muss nachgearbeitet werden. Denn ich kann nicht ein in den Augen der Kommunen intransparentes altes System durch ein intransparentes neues System ersetzen – nur um den größeren Städten mehr Geld zu geben.‘
Deutlicher und klarer kann man die Anforderungen kaum formulieren. Unserer Ansicht nach sind diese Anforderungen mit der aktuellen Fassung des Entwurfs immer noch nicht erfüllt.
In den Worten des Innenministers ‚erfolgreich‘ sind demnach die Zuwächse der Mittel bei einzelnen Kommunen. Beispielsweise die Gemeinde Büttel im Kreis Steinburg. Ein Ort mit rund 40 Einwohnern, keiner Schule oder Kita, keine zusätzlichen Aufgaben, keine explodierenden Kosten, dafür mit einem kräftigen Plus von rund 13.600 Euro pro Einwohner gegenüber dem aktuell gültigen Gesetz. Oder die ehemalige ‚Steueroase‘ Norderfriedrichskoog, die nicht einmal 50 Einwohner hat, soll nach den Plänen des Innenministeriums nun um rund 15.000 Euro mehr pro Einwohner besser gestellt werden. Dieses Vorgehen ist für mich nicht nachvollziehbar.
Welche strukturellen Probleme hat Kampen auf Sylt, das nach ihrem Gesetzentwurf um rund 482 Euro pro Einwohner entlastet werden soll? Da drängt sich die Frage auf: Sieht der Innenminister selbst noch weiteren Verbesserungsbedarf?
Offenbar völlig unbeeindruckt zeigt sich der Innenminister von der Kritik der Kreise an seinem Entwurf. Dabei wird immerhin die Verfassungsmäßigkeit angezweifelt, weil die Finanzbeziehungen zwischen dem Land und den Kommunen sind nicht ausreichend beleuchtet worden seien. Neben der mangelnden Mittelausstattung des FAG insgesamt zweifeln sie weiterhin an, dass ein angemessener Betrag für die freiwilligen Selbstverwaltungsaufgaben nicht vorgesehen worden ist. Und wenn es der Fall ist, dass der Finanzausgleich strukturell unterfinanziert ist, wie auch Abgeordnete der Koalition – der Kollege Burkhard Peters feststellen, dann ist dies ein Offenbarungseid.
Auch die Forderung der Kommunen, die an das Versprechen des Ministerpräsidenten erinnern, den 120-Millionen-Eingriff rückgängig zu machen, wird nicht eingelöst. Stattdessen macht sich die Landesregierung die Argumentation des Fraktionsvorsitzenden der SPD, Dr. Stegner, zu Eigen, dass der Eingriff in den kommunalen Finanzausgleich bereits teilweise rückgängig gemacht wurde.
Dr. Stegner ist übrigens derjenige, der als Kommunalminister den 120-Millionen-Eingriff hauptverantwortlich durchgesetzt hat. Dabei ist es eine bemerkenswerte Argumentation, dass die Erhöhung der Grunderwerbsteuer eine Teil-Kompensation des Eingriffs in den kommunalen Finanzausgleichs darstellt.
Die Kommunen haben schlicht einen Anspruch auf ihren Anteil an den Steuereinnahmen aufgrund der Erhöhung der Grunderwerbsteuer. Würde man Ihrer Argumentation folgen, dann wäre ein jährlicher Eingriff in den kommunalen Finanzausgleich gerechtfertigt, weil die Steuereinnahmen jährlich steigen.
Das Bemerkenswerteste ist jedoch, dass die Koalition insgesamt ihre eigenen Pläne zum Gesetzentwurf auf einer Pressekonferenz der Öffentlichkeit präsentiert, noch bevor das Kabinett abschließend über den Entwurf beraten hat. Das ist nicht nur eine Klatsche für den Innenminister, sondern für die Landesregierung insgesamt.
Kommen wir abschließend zum vorliegenden Antrag der CDU und dem Änderungsantrag der Piraten. Der Antrag der CDU ist schlicht populistisch. Es zeigt, dass die CDU weder eigene Ideen hat, noch politische Ziele bei dieser Reform verfolgt und deshalb auf Zeit spielt. Es bleibt der CDU ja – wie den Piraten auch – unbenommen, im parlamentarischen Verfahren in ihrem Sinne Einfluss zu nehmen.
Wenn wir das ganze Paket neu aufschnüren, wie es die CDU und die Piraten fordern, wird es in dieser Legislaturperiode keine Änderung mehr geben, obwohl wir alle doch den Änderungsbedarf beim kommunalen Finanzausgleich anerkennen. Das kann zumindest die CDU nicht wollen.“
Dr. Klaus Weber, Pressesprecher, v.i.S.d.P., FDP-Fraktion im Schleswig-Holsteinischen Landtag, Landeshaus, 24171 Kiel, Postfach 7121, Telefon: 0431/ 9881488, Mobil: 0160/1595153, Telefax: 0431/ 9881497, E-Mail: info@fdp.ltsh.de, Internet: http://www.fdp-fraktion-sh.de/