(lnp) Das Ergebnis der telefonischen Abstimmung: Stadt Bonn. Vor 70 Jahren, am 13. August 1948 beschlossen die elf westdeutschen Ministerpräsidenten, dass der Parlamentarische Rat in Bonn tagen sollte, um eine Verfassung auszuarbeiten. Die Stadt am Rhein setzte sich gegen Karlsruhe, Frankfurt und Celle durch. Ein wichtiger Schritt auf dem Weg zum späteren Regierungssitz der Bundesrepublik Deutschland.
Gut sechs Wochen vor der Entscheidung, am 1. Juli 1948, hatten die Militärgouverneure die elf Ministerpräsidenten nach Frankfurt einbestellt und den Auftrag erteilt, bis zum 1. September eine verfassungsgebende Versammlung einzuberufen. Den Tagungsort ließen sie offen. Es war also an den Ministerpräsidenten zu entscheiden, wo der Parlamentarische Rat zusammen kommen sollte. Trotz Güterknappheit und mangelnder Unterbringungsmöglichkeiten signalisierten bald einzelne Städte und Landesregierungen ihr Interesse.
Karlsruhe, Frankfurt, Celle, Koblenz oder Bonn
Als erstes meldete sich der Karlsruher Oberbürgermeister Friedrich Toepper. Bereits am 8. Juli erhielten die im Burghotel Ritterstutz bei Koblenz tagenden Ministerpräsidenten ein Telegramm, in dem Toepper für seine Stadt warb. Konkurrenz kam aus Rheinland-Pfalz: Am 2. August schlug dessen Ministerpräsident Peter Altmeier Koblenz als möglichen Tagungsort vor.
Einen Tag später meldete sich der Frankfurter Oberbürgermeister Walter Kolb und plädierte für seine Stadt. Ebenfalls am 3. August gab der Ministerpräsident Nordrhein-Westfalens, Karl Arnold, die Bewerbung von Bonn bekannt. Und am 9. August warf auch noch Celle seinen Hut ins Rennen.
Tradition oder gerechte Aufteilung?
Jede Kandidatur hatte Argumente auf ihrer Seite. Die von Frankfurt waren besonders stark: 1848/49 tagte in der Stadt am Main die Paulskirche und damit das erste frei gewählte gesamtdeutsche Parlament. Außerdem hatten die West-Alliierten den Ministerpräsidenten dort mit den „Frankfurter Dokumenten“ die Vollmacht für die Gründung der Bundesrepublik übertragen. Hinzu kam, dass die Stadt als Wirtschaftszentrum etabliert war und Erfahrungen als Tagungsort hatte.
Baden-Württembergs Ministerpräsident Toepper begründete die Bewerbung Karlsruhes mit der demokratischen und freiheitlichen Tradition Badens. Ausreichend Tagungsräume und Unterkünfte seien in der Stadt vorhanden. Beide Vorschläge wurden von Nordrhein-Westfalens Ministerpräsidenten Karl Arnold zurückgewiesen. Seiner Ansicht nach war die britische Besatzungszone und damit Nordrhein-Westfalen am Zug. So hätten bislang alle bedeutenden Treffen der Ministerpräsidenten im Französisch besetzten Süden Deutschlands stattgefunden. Und die amerikanische Besatzungszone habe bereits den Wirtschaftsrat und die Verwaltung der Bizone in Frankfurt. Außerdem spreche für Bonn, dass damit das bevölkerungsreichste Land Gastgeber der verfassungsgebenden Versammlung sei.
Viele Vorschläge, kein klares Ergebnis
Ohne ein konkretes Ergebnis unterbreiteten die drei Ministerpräsidenten von Nordrhein-Westfalen, Hessen und Rheinland-Pfalz den Militärgouverneuren am 12. August 1948 ihre Vorschläge. Koblenz hatte seine Kandidatur mittlerweile zurückgezogen, so dass nur noch Karlsruhe, Frankfurt, Celle und Bonn blieben. Zufrieden waren die Alliierten damit jedoch nicht und forderten die Deutschen auf, umgehend einen Tagungsort festzulegen. Hessens Ministerpräsident Stock sicherte zu, sich in der Frage sofort mit den übrigen Ministerpräsidenten abzustimmen.
Klärung kurzerhand telefonisch
Am nächsten Tag ordnete er eine telefonische Abstimmung an. Das Ergebnis war eindeutig: Acht Länder waren für Bonn, Württemberg-Baden und Württemberg-Hohenzollern für Karlsruhe und Niedersachsen für Celle.
Bereits wenige Tage später, am 1. September 1948, kam der Parlamentarische Rat zum ersten Mal in der ehemaligen Aula der Pädagogischen Akademie in Bonn zusammen. Am 8. Mai 1949 beschloss er das Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland, das am 23. Mai 1949 verkündet wurde.
Der historische Ort erlangte eine neue Bedeutung: von September 1949 bis Juli 2000 diente er dem Bundesrat als Plenarsaal.
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Quelle: Pressemitteilung des Bundesrats vom 13. August 2018.
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