(LNP) Gestern wurde ein gemeinsamer Antrag der Fraktionen von SPD, CDU und GRÜNEN hinsichtlich einer Verankerung der 5-Prozent-Hürde für die Bürgerschaft und einer 3-Prozent-Hürde für die Bezirksversammlungen in der Hamburger Verfassung in die Bürgerschaft eingebracht, der in erster Lesung beraten und beschlossen werden soll. Bevor die zweite Lesung stattfinden wird, beschäftigt sich zunächst noch der Verfassungsausschuss im Rahmen einer Expertenanhörung am 3. Dezember mit der geplanten Verfassungsänderung.
Vorbild ist Berlin: Dort sind die Sperrklauseln, mit denen die Landes- und Bezirksparlamente vor Zersplitterung geschützt werden sollen, ebenfalls in der Verfassung enthalten. Im Mai hatte das Berliner Verfassungsgericht diese Verfassungsbestimmungen als verfassungsgemäß und im Einklang mit dem Grundgesetz bestätigt. Auf dieser Basis wollen die drei Fraktionen auch in Hamburg die Sperrklauseln, die allesamt auch Teil des breiten, unter anderem mit Mehr Demokratie ausgehandelten, Wahlrechtskonsenses von 2009 gewesen sind, verfassungsrechtlich sauber absichern. Damit ziehen die drei Fraktionen auch die Konsequenz aus einem Urteil des Hamburger Verfassungsgerichts aus dem Januar, das die 3-Prozent-Hürde für die Bezirksversammlungen auf der Ebene des einfachen Rechts für verfassungswidrig erklärt hatte.
Kernziel der drei Fraktionen ist, die Funktions- und Handlungsfähigkeit insbesondere der Bezirksversammlungen abzusichern. Eine Zersplitterung und Funktionsstörungen in den Bezirks-versammlungen würden allen gemeinsamen Zielen der Stärkung der Bezirke und Bezirksversammlungen zuwiderlaufen, sind sich die drei Fraktionen einig. Dem vom Hamburger Verfassungsgericht aufgezeigten Weg, im Falle von zersplitterungsbedingten Störungen in den Bezirksversammlungen (zum Beispiel durch eine Vielzahl von Parteien und Einzelabgeordneten) vom Senat mit Evokationen, Weisungen und Zuständigkeitsentzug zu begegnen, erteilen die drei Fraktionen eine Absage. Die Intervention des Senats soll auf Ausnahmefälle beschränkt bleiben – alles andere würde die bezirkliche Demokratie entwerten und für mehr Politikverdrossenheit bei den Bürgern sorgen, so der Tenor des neunseitigen, ausführlich begründeten Antrags der drei Fraktionen.
Barbara Duden, Fachsprecherin Verfassung und Bezirke der SPD-Fraktion: „Wir wollen die Funktionsfähigkeit unserer Parlamente sichern und sie vor Zersplitterung schützen. Gerade in einer Stadt, die bundesweit Vorbild ist bei der direkten Demokratie und beim Wahlrecht brauchen wir auch handlungsfähige Parlamente. Die Unterstellung von Tricksereien seitens der FDP weise ich entschieden zurück. Nachdem der Verfassungsgerichtshof von Berlin einen Weg aufgezeigt hat, wie man die Sperrklauseln verfassungsrechtlich sauber regeln kann, greifen wir dieses für Hamburg auf – nicht mehr und nicht weniger. Wir halten uns an den Wahlrechtskonsens von 2009, sichern ihn aber nun verfassungsrechtlich ordentlich ab. Gerade die Bezirksversammlungen sind wichtige Parlamente in unserer Stadt, sie sind für eine funktionierende bezirkliche Demokratie unverzichtbar und nicht bloß eine Spielwiese für Polit-Experimente. Bezirksversammlungen sind kein Politik-Simulations-Betrieb, sondern die wichtige kommunale Basis unserer Stadt, die wir weiter stärken wollen. Etwaigen Klagen sehen wir vor diesem Hintergrund gelassen entgegen.
André Trepoll, verfassungspolitischer Sprecher der CDU-Bürgerschaftsfraktion: „Nach dem Urteil des Verfassungsgerichts bestand die Notwendigkeit, aktiv zu werden, um die drohende Funktionsunfähigkeit der Bezirksversammlungen abzuwenden. Die Wiedereinführung der Sperrklausel bedeutet eine Stärkung der Bezirke und ist quasi die Gegenleistung, die für die Ergebnisse der Verhältniswahl auf kommunaler Ebene unbedingt notwendig ist. Es freut mich, dass die SPD und die Grünen unserer Position der verfassungsrechtlichen Verankerung einer 3-Prozent-Hürde bei den Wahlen zu den Bezirksversammlungen gefolgt sind.“
Farid Müller, verfassungspolitischer Sprecher der GRÜNEN Bürgerschaftsfraktion: „Wir wollen an der moderaten Drei-Prozent-Sperrklausel für die Bezirksversammlungen festhalten und diese in der Hamburger Verfassung verankern. Damit wird auch der Wahlrechtskompromiss aus dem Jahr 2009 rechtlich abgesichert. Damals hatten sich die in der Bürgerschaft vertretenen Parteien CDU, SPD, Grüne und Linke mit dem Verein Mehr Demokratie auf diese Klausel verständigt. Ohne eine moderate Sperrklausel, die auch Berlin in die Verfassung geschrieben hat, wäre die Handlungsfähigkeit der Hamburger Bezirksparlamente gefährdet. Die Bürgerinteressen würden dann kaum noch gegenüber der Verwaltung wahrgenommen werden.“
Jan Dube – Pressesprecher
Bündnis 90 / Die Grünen
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