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21. November 2024
Niedersachsen

Gesundheitsgefährdung durch Energydrinks und/oder Shots

(lnp) Wie können Kinder und Jugendliche vor Gesundheitsgefährdungen durch Energydrinks und/oder Shots geschützt werden? Antwort der Landesregierung auf die Mündliche Anfrage. Niedersachsens Sozialministerin Cornelia Rundt hat namens der Landesregierung auf eine Mündliche Anfrage der Abgeordneten Dr. Gabriele Andretta und Ronald Schminke (SPD) geantwortet.

Die Abgeordneten Dr. Gabriele Andretta und Ronald Schminke (SPD) hatten gefragt:
Energydrinks sind bei Jugendlichen als Muntermacher in Diskotheken, auf LAN-Partys oder für die Schule sehr beliebt. Nach einer Ende Mai veröffentlichten Studie der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit greifen bereits 68 % der Teenager in der EU zu Energydrinks. Jeder vierte von ihnen überschreitet mit drei und mehr Dosen hintereinander die als unbedenklich eingestufte Menge Koffein. In Deutschland trinkt jeder zehnte Jugendliche regelmäßig das aufputschende Getränk.

Die Gesellschaft der Europäischen Kinderkardiologen warnt eindringlich vor Gesundheitsgefahren durch den Konsum von Energydrinks, denn sie stehen im Verdacht, Herzrhythmusstörungen, Krampfanfälle, Nierenversagen und sogar Todesfälle zu verursachen. Sie fordert daher genauso wie die Verbraucherzentrale Niedersachsen, den Verkauf von Energydrinks an Jugendliche unter 18 Jahren zu verbieten. Darüber hinaus fordert die Verbraucherzentrale eine strengere Kennzeichnung mit Warnhinweisen auf den Energydrinks. Diese sollten gleich auf den Vorderseiten der Dosen zu lesen sein.

1. Wie bewertet die Landesregierung die Ergebnisse vorliegender Untersuchungen zum Verzehr und zur gesundheitlichen Wirkung von Energydrinks, Shots und/oder Sweets im Hinblick auf mögliche Gesundheitsgefahren für Kinder und Jugendliche?

2. Unterstützt die Landesregierung die Forderung der Verbraucherzentrale Niedersachsen nach einem Verkaufsverbot von Energydrinks an Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren?

3. Wird sich die Landesregierung dafür einsetzen, über eine Änderung im Jugendschutzgesetz eine Altersbeschränkung für die Abgabe von Energydrinks und/oder Shots gegenüber Kindern und Jugendlichen einzuführen? Falls nein, warum nicht?

Ministerin Cornelia Rundt beantwortete die Anfrage namens der Landesregierung:

Zu 1:
Das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) hat sich zuletzt in den Publikationen „Fragen und Antworten zu Koffein und koffeinhaltigen Lebensmitteln, einschließlich Energy Drinks, FAQ“ vom 23. Juli 2015 und der Veröffentlichung (Endbericht) „ Anlassbezogene Befragung von Hochverzehrern von Energy-Drinks“ aus 2013 mit dieser Thematik befasst. Aus diesen Veröffentlichungen können folgende Schlussfolgerungen gezogen werden: Bei hohen Aufnahmemengen von Koffein können unerwünschte Wirkungen auftreten, wie. z. B. erhöhte Nervosität und Erregbarkeit, Schlaflosigkeit, Schweißausbrüche und Herzrasen. Das Auftreten der unerwünschten Wirkungen hängt allerdings stark von der individuellen Empfindlichkeit gegenüber Koffein und der eingenommenen Dosis ab. Über einen längeren Zeitraum kann ein übermäßiger Koffeinkonsum zu Herzkreislaufproblemen, wie z. B. erhöhtem Blutdruck, führen. Bei Schwangeren kann eine über längere Dauer erhöhte Koffeinzufuhr zu einem verminderten Wachstum des Fötus führen. Dabei können die stimulierenden Effekte von Koffein bereits 15 bis 30 Minuten nach dem Verzehr eintreten und mehrere Stunden anhalten.

Die EFSA hat in ihrer abschließenden Stellungnahme zur gesundheitlichen Bewertung der Aufnahme von Koffein über Lebensmittel vom 27. Mai 2015 Koffeinmengen abgeschätzt, die für die gesunde Allgemeinbevölkerung unbedenklich sind. Demnach stellen für gesunde Erwachsene Aufnahmemengen von bis zu 200 mg als Einzeldosis bzw. dieselbe Menge innerhalb kurzer Zeit (entsprechend 3 Milligramm (mg) pro Kilogramm (kg) Körpergewicht) kein gesundheitliches Risiko dar. Über den Tag verteilt gilt für gesunde Erwachsene eine Aufnahme von bis zu 400 mg Koffein als gesundheitlich unbedenklich. Gleichzeitig stellte sie bei bestimmten Bevölkerungsgruppen eine erhöhte Koffeinaufnahme fest, was darauf schließen lässt, dass die Verzehrhinweise auf den Verpackungen offenbar nicht durchgängig beachtet werden. In der Vergangenheit traten Fälle von Herzrhythmusstörungen, Krampfanfällen, Nierenversagen und Todesfälle auf, die in einem möglichen Zusammenhang mit dem Konsum von Energy Drinks gesehen wurden, insbesondere wenn diese zusammen mit Alkohol oder ausgiebiger sportlicher Betätigung aufgenommen wurden. Eine Kausalität wurde aber bislang nicht bewiesen.

Die Aussage zu den Verzehrshinweisen seitens der EFSA wird durch den bereits genannten Endbericht des BfR bestätig: So wurden Konsumenten (21-36 Jahre) der „Energy Drinks“ in Diskotheken, Clubs, auf der Straße im Umfeld solcher Einrichtungen, bei Sportveranstaltungen oder auch LAN-Partys befragt. Als Ergebnis kann festgehalten werden:
• Der Verzehr relativ großer Mengen „Energy Drinks“ von über 1.000 ml pro Abend ist nicht ungewöhnlich,
• vor allem Befragte bei LAN- Partys zeigen im Vergleich zu den übrigen Gruppen einen deutlich höheren Konsum,
• innerhalb der erzielten Stichprobe ist auch der Konsum von „Energy Drinks“ in Kombination mit Alkohol weit verbreitet,
• von geringer Bedeutung ist der Konsum von „Energy Shots“. Diese hochkonzentrierten Energy-Getränke spielen allenfalls im Bereich Sport eine Rolle.

Zusammenfassend kommt das BfR zu dem Schluss, dass sich gesundheitliche Risiken ergeben, wenn „Energy Drinks“ in größeren Mengen und insbesondere in Zusammenhang mit größeren Mengen an Alkohol konsumiert werden. In der Vergangenheit wurden in einigen Fallberichten nach dem Konsum von „Energy Drinks“ – oft in Zusammenhang mit dem gleichzeitigen Verzehr von Alkohol schwere gesundheitliche Beeinträchtigungen wie z. B. Herzrhythmusstörungen, teilweise mit Todesfolge beschrieben. Ein kausaler Zusammenhang konnte bislang aber nicht nachgewiesen werden.

Das BfR hat sich für Hinweise auf den Etiketten von Energy Drinks ausgesprochen. Diese sollten beinhalten, dass bestimmte Verbrauchergruppen (Kinder, Schwangere, Stillende, koffeinempfindliche Personen) auf den Verzehr von Energy Drinks verzichten sollten. Außerdem sollten sie auf mögliche unerwünschte Wirkungen im Zusammenhang mit ausgiebiger sportlicher Betätigung oder Alkoholkonsum hinweisen.

Die Landesregierung schließt sich dieser Bewertung an und schließt insbesondere bei missbräuchlicher Verwendung von „Energy Drinks“ und „Shots“ durch Kinder und Jugendliche eine mögliche Gesundheitsgefährdung nicht aus.
Die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) bemüht sich um mehr Aufklärung und warnt vor allem vor der Kombination Energy Drinks und Alkohol.  Die niedersächsischen Aktivitäten zur Gesundheitsförderung und gesundheitlichen Aufklärung zielen auf mehr eigenverantwortliches Handeln und Selbstbestimmung – insbesondere bei Jugendlichen.

Zu 2:
Die Verbraucherzentralen halten eine bessere Kennzeichnung der Produkte wie Energy Drinks für dringend erforderlich: Der Hinweis „erhöhter Koffeingehalt“ sei völlig unzureichend. Auch der Warnhinweis „Für Kinder und schwangere und stillende Frauen nicht geeignet“, der inzwischen Pflicht ist, reiche nicht aus. Die Verbraucherzentralen fordern, dass diese Hinweise deutlich sichtbar auf der Vorderseite der Produkte stehen sollten.
Die von den Verbraucherzentralen erhobene Forderung nach einem Verkaufsverbot hält die Landesregierung für unterstützenswert.

Aus förmlichen Gründen kann diese Forderung nicht umgesetzt werden, da die vorliegende EFSA-Studie keine hinreichende Grundlage für ein Verkaufsverbot von Energydrinks an Kinder und Jugendliche enthält.
Die Jugend- und Familienministerkonferenz hat sich auf ihrer Sitzung am 21./22. Mai 2015 mit den Fragen befasst, ob und wie im Rahmen einer Novellierung des Jugendschutzgesetzes ein Verkaufs- und Abgabeverbot von Energydrinks an Kinder und Jugendliche verankert werden sollte, mit dem Ergebnis, die EFSA-Studie abzuwarten. Diese liegt nun vor, enthält jedoch wie unter Ziffer 1 ausgeführt keine hinreichende Grundlage für ein Verkaufsverbot von Energydrinks an Kinder und Jugendliche, da eine kausale Gesundheitsgefährdung bislang nicht bestätigt wurde.

Zu 3:
Aus den unter Ziffer 1 und 2 genannten förmlichen Gründen setzt sich die Landesregierung derzeit nicht für eine Änderung des Jugendschutzgesetzes ein. Energy-Drinks und Energy-Shots sollte eine besondere Aufmerksamkeit gewidmet werden. Neben dem Jugendschutz sieht die Landesregierung auch aus Verbraucherschutzgründen die Notwendigkeit, das Bewusstsein junger Menschen für einen verantwortungsvollen Umgang mit koffeinhaltigen Getränken zu stärken. Dieses kann durch Verbraucheraufklärung gelingen. Durch Verbraucheraufklärung sollten Energy-Drinks und Energy-Shots auch weiterhin als Gefährdungsbereiche dargestellt werden. Dadurch sollte auf aktuelle Konsuminteressen von Kindern und Jugendliche mit besonderen Präventionsstrategien eingegangen werden, um das Bewusstsein junger Menschen für einen verantwortungsvollen Umgang mit koffeinhaltigen Getränken zu stärken.

Quelle: Pressemitteilung Nds. Ministerium für Soziales, Gesundheit und Gleichstellung vom 18.12.2015.

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