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Inge Aures: Unabhängige Amtsführung von Sozialministerin Haderthauer zweifelhaft

(LNP) Neue Fragen in Modellbau-Affäre: SPD-Fraktionsvizin will Widersprüche klären – Oberbayerische Landgerichtsärzte haben hohe Einnahmen aus Nebentätigkeiten

Die stellvertretende Vorsitzende der SPD-Landtagsfraktion, Inge Aures, geht in einer aktuellen Anfrage neuen Ungereimtheiten in der sogenannten „Modellbau-Affäre“ um Sozialministerin Christine Haderthauer und ihren Mann, den Landgerichtsarzt Dr. Hubert Haderthauer, auf den Grund. Der Landgerichtsarzt soll am Verkauf von Modellautos durch die Firma „Sapor Modellbau“ über 20 Jahre lang verdient haben, die ein in der Forensik in Straubing einsitzender Dreifach-Mörder herstellte. Christine Haderthauer war bis 2003 Gesellschafterin dieser Firma. Aus aktuellen Presseberichten geht hervor, dass der im Maßregelvollzug einsitzende Roland S. weitreichende Privilegien genossen hat und unangemessen enge Kontakte zur Familie Haderthauer gepflegt hat. Von besonderem Interesse für Aures ist die Klärung der neuen Frage, warum die geplante Verlegung des Forensik-Insassen nach Ansbach im Jahr 2009 in letzte Minute gestoppt wurde – laut Presse auf „Weisung aus dem Sozialministerium“. Der Hintergrund: In Ansbach wäre die Produktion der Modellautos nicht möglich gewesen.

„Wir haben sehr starke Zweifel an der Unabhängigkeit der Sozialministerin“, erklärt Aures. „Wir müssen hier dringend Klarheit bekommen. Wenn sich der Verdacht bestätigt, dass die wirtschaftlichen Interessen der Haderthauers ausschlaggebender sind als die Genesung und Rechte eines verurteilten Insassen der Psychiatrie, dann ist das Amtsmissbrauch“, so Aures. Christine Haderthauer verwies wiederholt darauf, dass sie seit 2003 und ihr Mann seit 2008 nicht mehr an den Geschäften von ‚Sapor Modellbau‘ beteiligt seien. Bis Ende 2008 wurde dennoch für die Geschäfte der Firma ein Konto verwendet, dessen Inhaberin Christine Haderthauer war. Aures hierzu: „Die Vorwürfe, dass Christine Haderthauer stärker in die Modellauto-Affäre verwickelt ist, als sie nach und nach zugeben wollte, erhärten sich mit jedem Detail, das ans Licht kommt. Sie pflegt ein sehr taktisches Verhältnis zur Wahrheit.“

Die Fraktionsvizin geht in ihrer Anfrage auch Ungereimtheiten auf den Grund: So hatte Roland S. nach übereinstimmenden Berichten von Pflegern außergewöhnliche Freiheiten. So hatte ihn Hubert Haderthauer mehrfach abgeholt und zu Ausflügen mitgenommen, ohne dass Sicherheitskräfte oder Pflegepersonal dabei waren. Dies allerdings bestritt das Sozialministerium in seiner Antwort auf die Anfrage der Grünen-Abgeordneten Ulrike Gote (Drs. 16/17 496). Demnach seien Roland S. keine Vollzugslockerungen und auch kein Freigang gewährt worden. Dazu Aures: „Ministerin Haderthauer führt uns in der Modellbau-Affäre weiter in die Irre und sie steht gemeinsam mit ihrem Mann wie keine Zweite für die Selbstbedienungsmentalität der CSU.“

Dabei ist die Affäre um ‚Sapor Modellbau‘ nicht die einzige Unregelmäßigkeit im Hause Haderthauer. Gegen den Mann der Ministerin, Hubert Haderthauer, hat die Landesanwaltschaft ein Disziplinarverfahren eingeleitet. In seiner Funktion als Landgerichtsarzt in Ingolstadt soll er zwischen 1989 und 2002 Geld für Drogentests privat eingenommen haben. Ihm wird zur Last gelegt, die Tests als Nebentätigkeit abgerechnet zu haben, obwohl sie in seinen Aufgabenbereich als Landgerichtsarzt fallen. Das Oberlandesgericht München forderte daher 118.000 Euro zurück.

Eine weitere Anfrage der Abgeordneten Aures ergab, dass in den oberbayerischen Dienststellen die geschäftstüchtigeren Landgerichtsärzte zu arbeiten scheinen: Im Jahr 2012 bekamen sie für Tätigkeiten wie Gutachten, Unterricht oder in der Privatpraxis insgesamt auf 94.716 Euro an Nebenverdienst. Zum Vergleich erhielten niederbayerische Landgerichtsärzte 28.907 Euro für Gutachten und Unterricht, oberfränkische gar nur 150 Euro für Vortragstätigkeiten.

In Oberbayern hatten die Landgerichtsärzte im Jahr 2005 z. B. 150.715,90 € und 2010 137.302,40 € an Nebentätigkeiten eingenommen. Die Kritik des Obersten Rechnungshofes (ORH), dass viele Landgerichtsärzte nicht ausgelastet seien, kann Aures anhand dieser Zahlen nur zu gut nachvollziehen. Auch die mangelhafte Kontrolle der landgerichtsärztlichen Dienststellen wurde deutlich: Bezirksregierungen sind angehalten, mindestens alle fünf Jahre die Dienstführung der Landgerichtsärzte zu überprüfen. Dieser Aufsichtspflicht kamen nur die Regierungen von Oberfranken, Mittelfranken, der Oberpfalz und Schwaben vollumfänglich nach. Seit 2003 kam es in den Bezirken Oberpfalz, Unterfranken und Oberbayern zu Beanstandungen der Nebentätigkeiten der Landgerichtsärzte. In Oberbayern war dabei die Ausübung der Nebentätigkeiten von fünf Ärzten nicht korrekt.

Der Bayerische Oberste Rechnungshof (ORH) wies in seinem Jahresbericht 2013 auf erhebliche Mängel in der Dokumentation der Auslastung von Landgerichtsärzten hin. Stattdessen berichtete der ORH von Nebentätigkeiten in „nicht unerheblichem Umfang“. Der Vollzug der Nebentätigkeitsbestimmungen wies dabei in einigen Fällen „offensichtliche Mängel“ auf. Der ORH kritisiert auch, dass für die Aufsicht der landgerichtsärztlichen Dienststellen vier Ressorts zuständig sind, darunter auch das Arbeits- und Sozialministerium. Der ORH mahnt daher eine Reform des landgerichtsärztlichen Dienstes an. „Es ist fraglich, ob eine solche Reform mit dem derzeitigen Führung machbar ist“, bezweifelt Aures: „Bei den persönlichen Verstrickungen in der Modellauto-Affäre und bei den mangelhaft abgerechneten Nebentätigkeiten ihres Mannes muss man schon daran zweifeln, ob Christine Haderthauer unbefangen ihr Amt führt.“

Michael Langer
Pressesprecher
SPD-Landtagsfraktion
Bayerischer Landtag
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