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19. Oktober 2024
Niedersachsen

Keine Gesetzgebungskompetenz des Bundes für Betreuungsgeldgesetz – Niedersachsen unterstützt Hamburgs Normenkontrollantrag in Karlsruhe

(LNP) Niedersachsen hat heute dem Bundesverfassungsgericht gegenüber Stellung genommen zu dem Normenkontrollantrag der Freien und Hansestadt Hamburg auf Feststellung der  Unvereinbarkeit des Betreuungsgeldgesetzes vom 15. Februar 2013 mit dem Grundgesetz (GG) und der Nichtigkeit des Gesetzes. Das Betreuungsgeld erhalten Eltern, die für ihr Kind keine frühkindliche Förderung in öffentlich bereit gestellten Tageseinrichtungen oder in öffentlich finanzierter Kindertagespflege in Anspruch nehmen. Es beträgt im ersten Jahr der Einführung 100 Euro monatlich, von August 2014 an 150 Euro monatlich.
 
Hamburg hatte insbesondere gerügt, dass das Betreuungsgeldgesetz das aus Artikel 6 GG hergeleitete Gebot der staatlichen Neutralität gegenüber den unterschiedlichen Familienorganisations­formen der Bürgerinnen und Bürger verletzte. Die Niedersächsische Landesregierung legt jetzt in ihrer Stellungnahme im Detail dar, dass und warum der Bundesgesetzgeber mit dem Betreuungsgesetz die Gesetz­gebungsbefugnisse der Länder missachtet habe.
 
Art 70 Absatz 1 GG sieht im Grundsatz eine Gesetzgebungskompetenz der Länder vor, soweit nicht das Grundgesetz dem Bunde Gesetzgebungsbefugnisse verleiht. Nach Art. 72 Abs. 2 GG ist es Sache der Landesgesetzgeber, eine passgenaue Regelungsstruktur für die Bevölkerung ihres eigenen Landes zu finden. Die einzelnen Länder haben sozio-demografisch unterschiedliche Strukturen und unterschiedliche Wertvorstellungen, die es nach Überzeugung der niedersächsischen Landesregierung zu respektieren gilt.
 
Es gab vor dem Betreuungsgeldgesetz des Bundes einzelne Bundesländer, die durch sog. Landeserziehungsgeldgesetze oder ähnliche Regelungen dazu beitrugen, eine Betreuung zu Hause zu fördern, also dem traditionellen Familienbild Rechnung zu tragen (so beispielsweise in Baden-Württemberg, Sachsen, Bayern und Thüringen). In den meisten Bundesländern aber gab es aus guten Gründen keine vergleichbare Regelung. Diese Länder hatten die positiven Aspekte einer qualifizierten fachlichen Betreuung der Kinder in Krippen und Kindertagesstätten in den Vordergrund gestellt und sich ausdrücklich gegen eine Regelung entschieden, die gerade diejenigen Kinder von der Fremdbetreuung fernhalten könnte, die davon am meisten profitieren würden.
 
Der Bundes­gesetzgeber hat mit dem Betreuungsgeld sozial schwachen Familien eine relativ zu ihrem Haushaltseinkommen hohe Prämie dafür in Aussicht gestellt, dass sie ihr Kind zu Hause erziehen. Kinder dieser sozialen Gruppe aber profitieren von einer Fremd­betreuung beispielsweise hinsichtlich ihrer Sprachentwicklung und sozialen Entwicklung in gesteigertem Maße. Das Betreuungsgeldgesetz ist daher strukturell darauf angelegt, die vor­handene soziale Schichtung im Hinblick auf die nächste Generation zu perpetuieren.
 
Diese Unter­schiedlichkeit von Regelungen in den Ländern war auch als solche keineswegs schädlich, sondern von der verfassungsrechtlichen Grundkonstruktion des föderalen Deutschlands ausdrücklich gewollt. Das in den Ländern mehrheitlich vorherrschende Familienbild ist von Land zu Land unterschiedlich.
 
Die in Art. 72 Abs. 2 GG benannten Ausnahmetatbestände von dem Grundsatz der Gesetzgebungszuständigkeit der Länder liegen nicht vor, insbesondere macht nicht die Herstellung gleichwertiger Lebensverhältnisse im Bundesgebiet oder die Wahrung der Rechts- oder Wirtschaftseinheit im gesamtstaatlichen Interesse eine bundesgesetzliche Regelung erforderlich. Die Rechtsprechung legt bei der Überprüfung der Erforderlichkeit strenge Maßstäbe an und gewährt nur einen sehr umgrenzten Prognosespielraum. Bei lediglich gleicher Eignung der bundesgesetzlichen Regelung mit landesrechtlichen Regelungen gebührt den Ländern der Vorrang. Die Regelung ist auch nicht zur Wahrung der Rechtseinheit erforderlich. Das ist erst dann der Fall, wenn durch die Unterschiedlichkeit oder das Fehlen landesrechtlicher Regelungen eine Rechtszersplitterung mit problematischen Folgen droht, die im Interesse sowohl des Bundes als auch der Länder nicht hingenommen werden kann.

Presse- und Informationsstelle der
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