(LNP) Am kommenden Sonntag, 27. April, ist die schwarzgrüne Landesregierung 100 Tage im Amt. Willi van Ooyen, Vorsitzender der Fraktion DIE LINKE. im Hessischen Landtag, stellt der Koalition nach gut drei Monaten Arbeit ein miserables Zeugnis aus:
„Von Politikwechsel ist nach 100 Tagen schwarzgrüner Regierung nichts zu spüren. Die ersten parlamentarischen Initiativen zeigen vielmehr ein ,weiter so‘. Kontroverse Politikfelder im Bereich Verkehr oder der Umsetzung der Energiewende werden ausgeblendet oder mit Formelkompromissen zugedeckt. Mit dieser Einstellung kann man kein Bundesland regieren. Schwarzgrün verbindet offenbar vor allem eines: der Wille zur Macht.“
Die neue Landesregierung lasse nicht nur politischen Gestaltungswillen vermissen, sondern scheitere auch daran, „Baustellen“ der Vorgängerkoalition wie die rechtswidrige Stilllegung des Atommeilers Biblis politisch aufzuarbeiten. Aufklärungswillen vermisst van Ooyen auch beim Fördermittelskandal rund um die private Elitehochschule EBS oder der Rolle von Mitarbeitern des Hessischen Verfassungsschutzes bei der Ermordung von Halit Yozgat durch das Terrortrio NSU in Kassel.
„In wichtigen Punkten haben sich die Grünen meilenweit von ihren Positionen verabschiedet, die sie noch vor der Wahl vertreten haben, um es ihren Koalitionspartner recht zu machen. Scheinbar mühelos vertreten sie in der Regierung nun Positionen, die sie noch im vergangenen Jahr zu recht scharf kritisiert haben. Von sozialer Gerechtigkeit – wie noch im Wahlprogramm der Grünen angedacht – ist die hessische Landesregierung meilenweit entfernt.“
„Die CDU zeigt sich in der Koalition erstaunlich resistent gegenüber einer Modernisierung ihrer bisherigen Politik. Die Grünen standen für eine ökologische Neuausrichtung. Jetzt drohen sie bei zentralen Themen, wie der Begrenzung des Fluglärms am Frankfurter Flughafen, dem Ausbau des ÖPNV oder der vollständigen Umstellung der Energieversorgung auf erneuerbare Energieträger ihre Farbe zu verlieren. Die Grünen konnten noch nicht einmal verhindern, dass der CDU-Rechtsausleger Hans-Jürgen Irmer als schulpolitischer Sprecher mit ausländerfeindlichen Parolen neu zur Geltung kommen konnte. Der Anpassungsdruck auf sie scheint eminent hoch zu sein.“
Auch die neue Landesregierung setze weiter auf neoliberale Handlungskonzepte: Privatisierung und Steuersenkungen bei ständig neuen zusätzlichen Aufgaben führten viele Kommunen an den Rand ihrer finanziellen Leistungsfähigkeit. Die Schuldenbremse verhindere weiter existenzielle Investitionen etwa in die Verkehrsinfrastruktur des Landes. „Die Qualität der öffentlichen Infrastruktur befindet sich im freien Fall. Das ist nicht einfach nur ein Ärgernis für alle Bürgerinnen und Bürger, es hat auch fatale Folgen für die Zukunftsfähigkeit unseres Landes“, so van Ooyen.
Von dem von Schwarz-Grün proklamierten „Schulfrieden“ sei Hessen nach drei Monaten Schwarzgrün noch weit entfernt. „Der von Schwarzgrün eingeschlagene Weg für mehr Wahlfreiheit bei G8 oder G9 sorgt nicht für Schulfrieden, sondern schiebt die Verantwortung an die Schulen ab. Die einzige Möglichkeit, endlich für Ruhe und Verlässlichkeit an den Schulen zu sorgen, wäre, G8 ganz abzuschaffen.“
In der Sozialpolitik gibt van Ooyen der neuen Regierung eine glatte Sechs: „Statt einen Runden Tisch Kinderbetreuung einzuberufen, hätte die Landesregierung lieber ihre Hausaufgaben machen und das Gesetz entsprechend der vielen Proteste überarbeiten sollen. Es werden mehr qualifizierte Betreuungskräfte gebraucht und dazu verlässliche Regelungen zur Finanzierung von Kita-Plätzen mit ausreichenden Mitteln für Inklusion und Sprachförderung.“
Auch in der Gesundheitspolitik zeichnet sich laut van Ooyen kein grundlegender Kurswechsel ab: „Trotz einiger kosmetischer Maßnahmen wird auch die schwarzgrüne Landesregierung die bislang unzureichende Krankenhausfinanzierung nicht auf ein Niveau anheben, das den tatsächlichen Bedarf deckt. Damit sind weitere Klinikprivatisierungen vorprogrammiert: Die Folgen sind Personalabbau, schlechte Patientenversorgung sowie die Schließung öffentlicher und wohnortnaher Einrichtungen.“
Van Ooyens Bilanz für die neue Landesregierung nach den obligatorischen 100 Tagen Schonfrist fällt ernüchternd aus: „Die erste schwarzgrüne Koalition in einem Flächenland hatte drei Monate Zeit, sich zu finden und tragfähige Zukunftsperspektiven für das Land zu entwickeln. Passiert ist wenig. Schwarzgrün agiert seit drei Monaten weitgehend richtungslos und zögerlich – Hessen ist jedoch kein geeignetes Experimentierfeld für Kennenlernrituale und neue Beziehungsmodelle bürgerlicher Koalitionspartner. Dass Schwarzgrün ihre Arbeit als bahnbrechend darstellt, ist menschlich nachvolllziehbares Wunschdenken. Wer sich von den Grünen allerdings Impulse für den notwendigen sozial-ökologischen Umbau der Gesellschaft erhofft hatte, ist nach 100 Tagen enttäuscht.“
Bernd Schmid
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