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Prof. Dr. Ute Sacksofsky und Lisa Gnadl: Frauen in Hessen haben unter CDU und FDP keine Lobby

(LNP) Prof. Dr. Ute Sacksofsky, in der Mannschaft für den Wechsel von Thorsten Schäfer-Gümbel für die Bereiche Frauen und Justiz zuständig, sowie die frauenpolitische Sprecherin der SPD-Landtagsfraktion Lisa Gnadl haben heute in Wiesbaden die Bilanz der schwarz-gelben Landesregierung in Sachen Frauenpolitik massiv kritisiert. „Die schwarz-gelbe Landesregierung hat neun Monate gebraucht, um die Große Anfrage der Fraktion der SPD vom 22. November 2012 zu beantworten. Hieran zeigt sich schon, welchen Stellenwert diese Regierung der Frauenpolitik beimisst. Angesichts dieser Dauer ist es umso unverständlicher, dass die Antwort der Landesregierung zu verschiedenen Punkten schlicht darauf verweist, Daten seien nicht vorhanden“, stellte Prof. Dr. Sacksofsky fest. Aber auch inhaltlich bleibe die Frauenpolitik der amtierenden Landesregierung weit hinter den Anforderungen zurück. „CDU und FDP bekennen sich lediglich formal zur Gleichberechtigung, zum Artikel 3 des Grundgesetzes. Wenn wir die gesellschaftliche Realität in Hessen betrachten, stellen wir fest, dass Frauen nach wie vor erhebliche Nachteile im Erwerbsleben haben, insbesondere was das Gehalt betrifft. Und der öffentliche Dienst macht da leider keine Ausnahme“, erklärte Prof. Dr. Sacksofsky.

In der Antwort auf die Große Anfrage der SPD-Landtagsfraktion zu Situation und Perspektiven von Frauen in Hessen habe die CDU/FDP-Landesregierung offenbart, dass sie das Thema Frauenförderung vernachlässige und darunter vor allem Maßnahmen zur Verbesserung der Vereinbarkeit von Beruf und Familie verstehe. „Wer Entspannungskurse als frauenpolitische Maßnahmen verkaufen will und Gleichberechtigung im Sport als zentrales Emanzipationsinstrument ansieht, hat jegliche Glaubwürdigkeit bei diesem Thema verspielt“, erläuterte Gnadl. Auch lobe sich die Landesregierung wegen guter Kinderbetreuungsmöglichkeiten, trage aber selbst wenig dazu bei. So habe es landesweit bei der Vorlage des so genannten Kinderförderungsgesetzes von Schwarz-Gelb einen Aufschrei gegeben, weil dieses Gesetz die Bedingungen in den Kitas erheblich verschlechtern werde und Eltern die Vereinbarkeit von Beruf und Familie erschwere.

„Frauenförderung muss mehr beinhalten als die Förderung der Vereinbarkeit von Beruf und Familie. Selbstverständlich wollen wir Frauen, die Mütter sind, unterstützen. Aber wir wollen allen Frauen den beruflichen Aufstieg ermöglichen. Sie sollen genauso Karriere machen können wie ihre männlichen Kollegen. Sie müssen in allen Lebensbereichen gleiche Chancen haben, gerade auch in der Politik“, erklärte Prof. Dr. Sacksofsky. Dazu bedürfe es auch eines gesellschaftlichen Umdenkens. Das Team, das Thorsten Schäfer-Gümbel aufgestellt habe und die mehrheitlich Frauen umfasse, gehe hier mit gutem Beispiel voran.

Gesetzliche Änderungen seien aber unentbehrlich, um bei der Frauenförderung voranzukommen. „Wir brauchen ein Hessisches Gleichberechtigungsgesetz, das diesen Namen auch verdient. Dazu haben wir als Oppositionsfraktion einen Entwurf vorgelegt. Die Landesregierung ist nicht nur die Evaluierung des bisherigen Gesetzes schuldig geblieben, sie hat auch keine Novelle des zum Jahresende auslaufenden Gesetzes vorgelegt, obwohl dies den Frauenbeauftragten und –verbänden mehrfach versprochen wurde. Auch dies belegt den geringen Stellenwert, den CDU und FDP der Frauenpolitik beimessen“, erklärte Gnadl. In der Anhörung, die letzte Woche stattgefunden habe, sei der SPD-Entwurf sehr begrüßt worden.

Im Landesdienst seien Frauen nach wie vor erheblich benachteiligt. „Wir verzeichnen einen sehr geringen Anteil bei den Abteilungsleitungen in den Ministerien, nur sieben von 56. Generell ist der Anteil von Frauen in Führungsfunktion bei den obersten Landesbehörden in Hessen extrem niedrig. Im Vergleich der Bundesländer ist nur Thüringen noch schlechter“, kritisierte Prof. Dr. Sacksofsky und verwies auf eine Statistik aus dem Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend. Aus der Antwort der Landesregierung auf die Große Anfrage der SPD sei außerdem zu erkennen, dass in den oberen Gehalts- und Besoldungsgruppen immer noch mehr Männer eingestellt würden. Sie seien dort auch bei den Beförderungen stärker vertreten. „Damit manifestiert sich der Zustand, dass die Frauen im mittleren und gehobenen Dienst die Mehrheit stellen und die Männer den höheren Dienst dominieren. Diesen Zustand müssen wir perspektivisch ändern“, forderte Gnadl.

Für die beiden Frauenpolitikerinnen ist es ein Skandal, dass die Überrepräsentanz von Männern in Führungsfunktion auch in den Bereichen gelte, in denen überwiegend Frauen beschäftigt seien. „In der Justiz und in der Schule sind wesentlich mehr Frauen als Männer beschäftigt. Aber sie kommen nicht in Führungsfunktion. Das kann nicht daran liegen, dass sie minder qualifiziert sind. Frauen haben mittlerweile vielfach bessere Abschlüsse an Schulen wie Hochschulen. Sie stoßen an eine „gläserne Decke“, die ihnen den Aufstieg unmöglich macht“, so Prof. Dr. Sacksofsky. Wichtig sei vor allen Dingen, dass Frauen endlich die gleiche Bezahlung zukomme wie Männern. „Die durchschnittlichen monatlichen Bezüge eines Hochschullehrers in Hessen in der W-Besoldung sind um 800 Euro höher als die seiner weiblichen Kollegin. Das durchschnittliche Gehalt einer Landesbediensteten ist im Schnitt jährlich etwa 5.000 Euro geringer als das ihres männlichen Kollegen. Wir werden uns genauer ansehen müssen, wie diese Unterschiede zustande kommen und wie wir solche Ungerechtigkeiten in Zukunft abbauen und verhindern können“, so Prof. Dr. Sacksofsky.

Auch außerhalb des öffentlichen Dienstes in Hessen seien Frauen auf dem Arbeitsmarkt stark benachteiligt. „Frauen verdienen weniger, im Durchschnitt etwa 1.100 Euro monatlich. Sie werden stärker in Teilzeit oder im Minijob beschäftigt. Die Zahl der vollbeschäftigten Frauen ist in den letzten Jahren enorm zurückgegangen. Bei der Quote von Frauen, die sozialversicherungspflichtig beschäftigt sind, liegt Hessen mittlerweile unter dem Bundesdurchschnitt, im Jahr 2000 lag Hessens Wert noch knapp darüber. Wir erkennen daraus die Tendenz, Frauen in prekäre Beschäftigung abzudrängen, was auch ihr Armutsrisiko erhöht“, stellte Gnadl fest. Erschreckend sei in diesem Zusammenhang, dass Rentnerinnen in Hessen im Durchschnitt nur knapp über 500 Euro Rente bekämen. „Noch erschreckender ist aber, dass über 170.000 Rentnerinnen in Hessen weniger als 250 € Rente bekommen. Wenn wir der Entwicklung hin zu Teilzeitbeschäftigung und Minijob nicht gegensteuern, werden wir noch mehr Altersarmut produzieren“, prophezeite Gnadl.

Prof. Dr. Sacksofsky forderte einen Richtungswechsel in Sachen Frauenpolitik. „Frauenförderung darf nicht nur auf dem Papier stehen, sondern muss verwirklicht werden. Der öffentliche Dienst muss seiner Vorbildfunktion wieder gerecht werden und sowohl in der Verwaltung wie in den Unternehmen, in denen das Land Einfluss hat, als auch bei der Gremienbesetzung eine gleichberechtigte Teilhabe von Frauen durchsetzen.“ Auch zur Gleichberechtigung in der Privatwirtschaft könne das Land beitragen, beispielsweise bei der Vergabe öffentlicher Aufträge. Auch Lohngleichheit müsse ein zentrales Thema für die Politik sein. „Wir brauchen gemeinsame gesellschaftliche Anstrengungen, damit wir eine partnerschaftliche Gesellschaft gestalten, in der Frauen und Männer gleiche Chancen haben. Dazu brauchen wir Veränderungen in der Arbeitswelt, damit Frauen in die Führungsebene vordringen können. Dazu brauchen wir umfassende qualitativ hochwertige Kinderbetreuung, damit berufstätige Eltern Beruf und Familie besser vereinbaren können. Wir werden uns in Regierungsverantwortung dafür einsetzen, dass Hessen in Sachen Gleichberechtigung wieder an frühere Zeiten anknüpfen kann und eine Vorbildrolle übernimmt“, stellte Prof. Dr. Sacksofsky fest.

Mehtap Tekin
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