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SPD-Forderung: Hessen braucht ein neues soziales Netz

Präventive Sozialpolitik muss Teilhabe für alle sichern

Festes Sozialbudget zur Sicherung der sozialen Infrastruktur

(lnp) Thorsten Schäfer-Gümbel und Bärbel Feltrini (SPD):  „Heute vor zehn Jahren hat die damals allein regierende CDU der sozialen Infrastruktur in Hessen einen immensen Schaden zugefügt. Unter dem zynischen Begriff ‚Operation sichere Zukunft‘ wurden vielen Einrichtungen, die sich um benachteiligte Menschen kümmern und ihnen in Notlagen helfen, die Landeszuschüsse komplett gestrichen oder erheblich gekürzt. In Wahrheit war es eine ‚Operation Düstere Zukunft‘. Manche Einrichtung wurde geschlossen, andere konnten durch den Einsatz von kommunalen Mitteln überleben. Wartezeiten wurden länger, Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter verloren ihren Arbeitsplatz. Das soziale Hilfenetz in Hessen wurde nachhaltig beschädig. Der zehnte Jahrestag ist Mahnung zum Kurswechsel, Hessen braucht ein neues soziales Netz“, erklärte Thorsten Schäfer-Gümbel, Landes- und Fraktionsvorsitzender der hessischen SPD am Montag in Wiesbaden.

Bärbel Feltrini, in der Mannschaft von Schäfer-Gümbel zuständig für die Bereiche Arbeit, Ausbildung und Soziales, kündigte an, dass sie umgehend nach Übernahme der Regierungsverantwortung mit den Wohlfahrtsverbänden und den Kommunen die Frage erörtern werde, in welcher Form und mit welchen Mitteln das Land wieder in die Gestaltung und Finanzierung von sozialer Infrastruktur einsteigen könne. „Die SPD-Landtagsfraktion hat eine klare Beschlusslage. Wir wollen ein festes Sozialbudget von 30 Mio. €, das ist zu jeder Haushaltsberatung beantragt worden. Damit geben wir den sozialen Einrichtungen das Geld zurück, das ihnen durch die Regierung Koch genommen wurde. Wir wollen damit Armut verhindern, in Notlagen helfen, Schutz und Sicherheit geben. Damit schaffen wir die Grundlage für sozialen Ausgleich und halten unsere Gesellschaft stabil. Das nennen wir eine „Operation sichere Zukunft“, sagte Feltrini.

Neben den Frauenhäusern seien insbesondere die Schuldner- und die Erziehungsberatungsstellen durch die damaligen Kürzungen und Streichungen nachhaltig in ihrer Arbeit behindert. „Bei den Eltern- und Erziehungsstellen wurden 4 Mio. € jährlich gestrichen, bei der Schuldnerberatung 2 Mio. € jährlich. Die Kommunen sind damals verstärkt in die Finanzierung eingestiegen, trotz ihrer schwierigen finanziellen Lage. Damit haben die Städte und Gemeinden aber ihre eigene Finanzsituation verschlechtert. Aber es blieb ihnen nichts anderes übrig, wenn sie nicht die sozialen Hilfen vollkommen zusammenbrechen lassen wollten“, stellte Schäfer-Gümbel fest. Durch die neuerlichen Kürzungen im Kommunalen Finanzausgleich habe sich die Lage der Kommunen nochmals erheblich verschlechtert.

Prävention und Hilfe in Notlagen seien für einen demokratischen Rechts- und Sozialstaat unabdingbar, führte Feltrini aus. Das Sozialstaatsgebot, das sowohl im Grundgesetz als auch in der Hessischen Verfassung verankert sei, verpflichte die Regierung, soziale Rechte, Sozialleistungen und soziale Infrastruktur zu gewährleisten. „Es handelt sich nicht um Almosen, die nach Belieben gewährt und entzogen werden können. Das sind elementare Rechte aller Bürgerinnen und Bürger. Deshalb brauchen wir für Hessen ein neues soziales Netz“, so Feltrini.

Dabei gehe es nicht nur um finanzielle Unterstützung, sondern auch um inhaltliche Beratung und um Steuerung. „Die Landespolitik muss dafür gerade stehen, dass es im Land gleichwertige Lebensbedingungen gibt. Das können wir nur, wenn wir wissen, welche Infrastruktur in den unterschiedlichsten Regionen Hessens zur Verfügung steht. Die Auskunft der amtierenden Landesregierung auf unsere Fragen ist derzeit ganz oft: das wissen wir nicht. Eine solche Unwissenheit kann nicht hingenommen werden, sie ist unverantwortlich“, so Schäfer-Gümbel.

Feltrini betonte, dass in Folge der „Operation düstere Zukunft“ Frauen überproportional betroffen gewesen seien. Neben den Frauenhäusern (knapp 1 Mio. € jährlich) habe dies auch die Maßnahmen zum beruflichen Wiedereinstieg von Frauen (1,4 Mio. € jährlich) getroffen, ebenso Frauenbildungsprojekte (370.000 € jährlich) oder das Hessische Mütterbüro (75.000 € jährlich) getroffen. Bei kleineren Projekten wie Hilfsangeboten für obdachlose oder straffällig gewordene Frauen hätten auch geringe Kürzungen dramatische Folgen gehabt. „Die Kürzungen im Bereich der Frauenarbeit sind ein klares Indiz, wie wenig ernst es der amtierenden Landesregierung mit aktiver Frauenpolitik ist. Sei es bei der Qualifizierung, sei es bei der Hilfe für Frauen in Not. Frauen haben in dieser Regierung keine Lobby“, sagte Feltrini.

Schäfer-Gümbel betonte, dass es auch Aufgabe der Landespolitik sei, für die finanziellen Grundlagen zu sorgen. „Wir können uns nicht hinstellen und sagen, dafür haben wir kein Geld. Wenn es Aufgaben gibt, die erledigt werden müssen – und dazu gehört unserer Meinung nach eine funktionsfähige soziale Infrastruktur – dann müssen sie finanziert werden. Deshalb haben wir im Rahmen der Debatte um die Schuldenbremse auch die Einnahmeverantwortung des Staates betont. Neben den Bildungseinrichtungen gehört auch die soziale Prävention zu den elementaren Aufgaben des Landes. Wir müssen soziale Einrichtungen und Hilfsangebote bereit stellen, um auch den benachteiligten Menschen zu gleichen Rechten und Teilhabe zu verhelfen“, erläuterte Schäfer-Gümbel.

Diese Investition werde sich lohnen. So habe eine Große Anfrage seiner Fraktion ergeben, dass Kommunen und Land in den letzten fünf Jahren mehr als drei Milliarden € ausgeben mussten, um die sozialen Folgekosten mangelnder Prävention bei jungen Menschen unter 25 Jahren zu bezahlen. „Wir zahlen für Heimunterbringung, für Inobhutnahmen und viele andere Maßnahmen mehr. Jugendgefängnisse und Maßregelvollzug verschlingen erhebliche Mittel. In den 3 Milliarden sind die Kosten von Arbeitslosigkeit und von Obdachlosigkeit noch nicht einmal enthalten, die konnte uns die Landesregierung nicht beziffern. Wir müssen umsteuern zu Prävention. Dazu gehören in erster Linie frühe Bildung und andere Vorsorgemaßnahmen wie eine aufsuchende Familienhilfe. Das ist gut investiertes Geld“, stellte Schäfer-Gümbel fest.

Schäfer-Gümbel wies darauf hin, dass die Beschäftigten des Landes das zweite große Opfer der Operation gewesen sei. So habe es in ihrer Folge Behördenfusionierungen sowie Arbeitszeitverlängerungen gegeben. „Den Beamtinnen und Beamten wurde nicht nur die Arbeitszeit auf 42 Stunden verlängert, ihnen wurde auch das Weihnachtsgeld auf 60 % eines Monatsgehalts gekürzt, bei den Pensionärinnen und Pensionären sogar auf 50%. Das Land Hessen trat aus der Tarifgemeinschaft der Länder (TdL) aus und geht damit als einziges Bundesland einen Sonderweg.

Wir wollen die Schlechterstellung der hessischen Landesbediensteten nach zehn Jahren endlich beenden und haben dazu die schrittweise Rückkehr zur 40-Stunden-Woche angeboten. Zudem werden wir sofort nach der Regierungsübernahme in Gespräche mit der TdL, eintreten, um die Rückkehr des Landes Hessen schnellstmöglich zu realisieren“, erklärte Schäfer-Gümbel. Hessen könne mit der Rückkehr in die TdL wieder unmittelbar Einfluss auf die Tarifabschlüsse nehmen und ein klares Signal zur Stärkung des Flächentarifvertrages setzen.

Mehtap Tekin
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