(lnp) Wie Bakterien ihre gefährliche Fracht an die richtige Adresse bringen. Forscher der Universität Tübingen erkennen, wie Krankheitserreger ähnliche Proteine für den Einsatz in der eigenen Zelle oder als Gift sicher unterscheiden.
Mechanismus gegen eigene Gefährdung der Bakterien untersucht
Manche krankheitserregenden Bakterien, wie zum Beispiel Salmonellen, injizieren giftige Proteinmischungen in die Zellen ihres Wirts, um diese umzuprogrammieren. So können die Bakterien das Immunsystem des Wirts umgehen und dessen Gewebe erfolgreich besiedeln. Im Giftcocktail enthalten sind sogenannte Transmembranproteine, die für die Zwecke der Bakterien in der Außenhaut der Wirtszelle tunnelförmig Poren öffnen sollen. Ähnliche Transmembranproteine benötigen die Bakterien jedoch auch in ihrer eigenen Innenmembran. Gelangten die für den Export bestimmten Transmembranproteine dorthin, könnte es für die Bakterienzelle gefährlich werden. Durch die ungewollten Öffnungen droht ihr die Auflösung. Unter der Leitung von Professor Samuel Wagner hat ein Forscherteam vom Interfakultären Institut für Mikrobiologie und Infektionsmedizin der Universität Tübingen herausgefunden, welch ausgeklügelter Mechanismus solche Irrtümer verhindert. Die Forschungsergebnisse wurden in der Fachzeitschrift Nature Communications veröffentlicht.
Membrane bestehen in ihrer Grundstruktur aus Molekülen, die an ihrem einen Ende wasserabstoßende, am anderen Ende wasserfreundliche Strukturen haben. Die wasserabstoßenden Enden ordnen sich gegenüberliegend zu einer Doppelschicht an, aus der das Wasser verdrängt wird. „Transmembranproteine, die die Membrandoppelschicht durchspannen sollen, müssen eine entsprechende Struktur besitzen“, erklärt Samuel Wagner, „also einen längeren wasserabstoßenden Abschnitt.“ Produziere die Bakterienzelle ein solches Protein, erkennen bestimmte Signalstoffe, dass es in eine Membran gehört. Sie heften sich an und geleiten es über einen Rezeptor zum Zielort, der Innenmembran des Bakteriums. „Anders muss es laufen, wenn das Transmembranprotein in den Export gehen soll. Ein solches Protein trägt zwei widersprüchliche Signale in sich: Einen Abschnitt mit wasserabstoßenden Eigenschaften, der als vermeintlichen Zielort die Innenmembran des Bakteriums nahelegt, und eine Exportadresse“, sagt Wagner.
Hinweise für die Infektionsforschung
Laborversuche, Berechnungen und Simulationen ergaben, wie die Bakterienzelle nun vorgeht. „Wir haben festgestellt, dass in vielen Fällen die wasserabstoßenden Eigenschaften der für den Export bestimmten Transmembranproteine etwas schwächer sind. Sie bleiben dadurch gerade unter der Schwelle für den Einbau in die Innenmembran“, sagt Wagner. Diese Proteine könnten ihre Funktion in der Membran der Wirtszellen dennoch gut erfüllen. Zum anderen werden bei den Exportproteinen sogenannte Chaperone aktiv, die neu hergestellten Proteinen bei der Faltung zur endgültigen Form verhelfen. „Sie erkennen, dass das Protein an eine Exportadresse gehen soll und decken wohl auch den Abschnitt mit der wasserabstoßenden Struktur ab. Dadurch kann sich das Signal für die Innenmembran gar nicht erst anheften“, erklärt der Wissenschaftler.
Die neuen Ergebnisse machten deutlich, wie fein reguliert die korrekte Zustellung der Transmembranproteine in den Bakterien abläuft. „Die Ausprägung dieser Fähigkeiten ist auch mit entscheidend für die Gefährlichkeit vieler bakterieller Krankheitserreger“, sagt Samuel Wagner. Die neue Studie gebe daher auch für die weitere Infektionsforschung wichtige Hinweise.
Publikation:
Lea Krampen, Silke Malmsheimer, Iwan Grin, Thomas Trunk, Anja Lührmann, Jan-Willem de Gier, Samuel Wagner: Revealing the mechanisms of membrane protein export by virulence-associated bacterial secretion systems. Nature Communications, DOI: 10.1038/s41467-018-05969-w
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Dr. Samuel Wagner
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Quelle: Pressemitteilung der Eberhard Karls Universität Tübingen vom 28. August 2018.
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